Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Putin / Merkel
Archivmeldung vom 19.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSoso, zur Einrichtung eines Frühwarnsystems für den Fall von Schwierigkeiten bei Russlands Energielieferungen nach Ost- und Mitteleuropa könnte, würde, möchte sich der Kremlmächtige Wladimir Putin wohl bereitfinden.
Ansonsten aber erweckten die Bestandsaufnahmen des Gastgebers und
von Deutschlands Kanzlerin nach dem Arbeitsgipfel von Samara einen
sehr zwiespältigen Eindruck: Es scheint, als berichteten die beiden
von einer Veranstaltung, die eigentlich kaum ein und dieselbe gewesen
sein kann.
Es ist hoch hergegangen in der kleinen Runde an der Wolga. Man hat
sich offenbar derart lautkräftig die Meinung gesagt, dass schon
deshalb kein Deut mehr an Konkretem herauskommen konnte als die
Allerwelts-Kleisterfloskel, Russland und die Europäische Union,
vertreten durch Kommissionspräsident José Manuel Barroso, hätten in
Samara zu einer »neuen Entschlossenheit zum offenen Dialog« gefunden.
Dünner geht's fast nicht, gemessen an dem selbstgesetzten hohen
Anspruch dieser Zusammenkunft. Sie war ja vor allem dazu gedacht, das
G8-Spektakel Anfang Juni in Heiligendamm vorab zumindest von diesem
und jenem unliebsamen Ballast-Problempäckchen zu befreien. Denn dann
könnten sich die Akteure schließlich umso vorteilhafter ins
Rampenlicht rücken.
Putins denkwürdiger Auftritt schon jetzt in Samara lässt manchem
Beobachter zwar ein Schaudern über den Rücken laufen. Und Angela
Merkel, ob sie sich nun ihrer Muttersprache bediente oder mit dem
Kreml-Herrn auf Russisch Deutsch-Klartext redete, nahm kein Blatt vor
den Mund. Nun jedoch wissen Putins westliche Verhandlungspartner,
sofern sie es denn wissen wollen, spätestens seit Samara, mit welch
einem »beinharten Brocken« sie es da zu tun haben.
Die politische Opposition in Russland - das gibt Putin auch der
deutschen Kanzlerin zu verstehen, und der geringschätzige Unterton
ist nicht zu überhören-, sei ohnehin nur eine »Randerscheinung«, die
ihn nicht weiter störe. So oder ähnlich reden nur Machthaber, die
sich ihrer Sache sicher wähnen. Wladimir Putin agiert und redet, als
stehe er einer aufgeklärten Diktatur anno 2007 vor.
Jedenfalls einem Staatswesen, das (aus Putins Sicht
bedauerlicherweise) überhaupt nur fortexistiert, weil die einstmals
glorreiche Welt-Supermacht Sowjetunion 1989/90 (leider)
zusammenbrach, was Putin allen Ernstes als »größte geopolitische
Katastrophe des 20. Jahrhunderts« (!) empfindet.
Deshalb ist es keineswegs versponnenene Nostalgie, sondern kühles
Gegenwarts- und Zukunftskalkül, wenn Putin mit früheren
Sowjet-Satelliten-Staaten und -Völkern wie jüngst etwa Estland
altgewohnt grobschlächtig umspringt, in Wahrheit aber die EU treffen
und verunsichern will.
Wo übrigens ist eigentlich Putin-Intimus Gerhard Schröder? Könnte
er nicht als EU-Russland-Krisenmanager wirken, bevor er sich der
Kurt-Beck-SPD womöglich als Kanzlerkandidat-Nothelfer zur Verfügung
stellt ...?
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt