LVZ: Prinzip Durchmogeln beim BKA-Gesetz
Archivmeldung vom 07.11.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.11.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas BKA-Gesetz ist eine Bringeschuld der Politik. Sollte es zu dessen endgültiger Verabschiedung kommen, dann ist dies gut für die Bürger. Sie hätten endlich die Gewähr dafür, dass sauber aber gründlich all das getan wird, was notwendig ist, um der Gefährdung durch brutale Terroristen oder verrückte Spinner in ideologischer Mission vielleicht noch rechtzeitig Herr zu werden.
Stutzig macht, dass erneut das alte Verfahren eingeschlagen wird. In Hinterstübchen einigen sich Koalitionsexperten. Im Parlament wissen wenige alles, manche ein wenig und viele nichts. Trotz bestehender großer Koalition ist erneut die Umsetzung im Bundestag und im Bundesrat sowie der Tüv-Stempel durch das Bundesverfassungsgericht äußerst fraglich. Die neuerliche Eilentscheidung der Karlsruher Richter zur Vorratsdatenspeicherung zeigt, dass das oberste Gericht seiner Schutzfunktion unbeirrt nachgeht. Jetzt versucht man sich schon wieder im Durchmogeln. Das ist schlecht für das Ansehen der Politik und nicht gut für den Schutz der Privatsphäre und für einige sich im Visier der Fahnder befindende Berufsgruppen, wie zum Beispiel die der manchmal gut informierten Journalisten. Unter dem ehrenwerten Mantel der Terror-Abwehr sollen privateste Dinge polizeiöffentlich gemacht werden. Das hätte der schwerreichen und anlehnungsbedürftigen Susanne Klatten wohl auch nicht geholfen, den Avancen ihres Gigolos zu entgehen. Ob es eine echte Terrorgefahr im Vollzug verhindert hätte, wird von Experten bezweifelt. Die aufwändigste Ausspäh-Technik samt verordneter Sicherheitssperre macht viele der theoretisch denkbaren Methoden für die Praxis untauglich. Zwischen viel Nützlichem zur Terrorabwehr sind es wie immer die bewusst nebulös gebliebenen Rund-um-Zugriffsmöglichkeiten, die misstrauisch machen. Bei "Gefahr im Verzuge" kann ohne viel Federlesens gewanzt, gefilmt und online durchsucht werden, für drei Tage auch ohne richterliche Sondererlaubnis. Dabei ist die Formel der gefährlichen Eilbedürftigkeit nicht nur in Krimis, sondern auch im polizeilichen Alltag längst zum viel genutzten Schlüssel hinein in sämtliche Privatbereiche geworden. Eine zwölfjährige Erprobungszeit macht erst recht stutzig. Ein solches Langzeit-Experiment mit Bundes-Trojanern und Co. soll offenkundig einlullend auf die Bürger wirken. Denn die sind, nicht grundlos, zurzeit höchst sensibilisiert, was heimliche Beobachtungen angeht. Auch dieses BKA-Gesetz wird deshalb nur ein Versuch bleiben. Es fehlt - mindestens - an der notwendigen Transparenz.
Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Dieter Wonka)