Rheinische Post: Desaster in Paris
Archivmeldung vom 18.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSo etwas nennt man einen ganz bösen taktischen Schnitzer: Dominique de Villepin, Frankreichs Premierminister und erklärter Napoleon-Schwärmer, hat auf den Überraschungsangriff gesetzt. Die Zeit drängte.
Noch ein gutes Jahr, dann finden in Frankreich
Präsidentenwahlen statt, an denen Villepin siegreich teilzunehmen
gedachte. Bis dahin wollte der Premier mit ein paar Erfolgen glänzen,
am liebsten da, wo die Franzosen der Schuh am meisten drückt: bei der
Jugendarbeitslosigkeit. Also befahl er seiner Parlamentsmehrheit wie
ein Feldmarschall die Abschaffung des Kündigungsschutzes für
Berufsanfänger. Doch was als schneidiger Husarenritt an der Job-Front
geplant war, wird durch die Studenten-Unruhen immer mehr zum
Polit-Desaster.
Villepin ist drauf und dran, seine Schlacht zu verlieren, vielleicht
wird sie sogar sein Waterloo. Schon wird es einsamer um den
Feldherrn, der sich eigentlich nur noch aussuchen kann, wie er
untergeht schmählich oder mit fliegenden Fahnen. Gibt Villepin der
Straße und auch dem wachsenden Druck aus dem eigenen Lager nach und
zieht seine Reform zurück, sind seine Tage als Premier wohl gezählt.
Bleibt er hart, dürften seine Chancen als Präsidentschaftskandidat
ebenfalls gegen Null sinken.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post