Lausitzer Rundschau: Abschluss des G8-Gipfels in Heiligendamm: Mit Glück und Geschick
Archivmeldung vom 09.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit einem Federstrich hätte George W. Bush den Gipfel von Heiligendamm kaputt machen können. Dann hätte es keinen Klimabeschluss gegeben. Mit einem Wort hätte Wladimir Putin die Stimmung zerstören können. Dann näherten wir uns jetzt einem Kalten Krieg. Demonstranten hätten sich am Zaun tagelang Schlachten mit der Polizei liefern können.
All das ist nicht passiert und deshalb wird dieser Gipfel positiv in
die Geschichte der G8 eingehen. Doch dieser Erfolg ist relativ. Es
ist der Erfolg einer Konferenz, die nicht einmal mehr die wichtigsten
Industrienationen repräsentiert. Heiligendamm war der größte Gipfel
aller Zeiten, eine Material- und Medienschlacht. Und es war zur
gleichen Zeit jener Gipfel, der die Diskrepanz zwischen hohem
Anspruch und sinkender Bedeutung überdeutlich gemacht hat. Eine
Reform ist überfällig. Sie wurde nicht einmal thematisiert.
Angela Merkel steht für den relativen Erfolg dieses Treffens. Aber
George W. Bush ist sein eigentlicher Vater. Am meisten in der
Klimapolitik. Alle großen Industrienationen, endlich auch die USA,
erkennen den Klimawandel als globales Problem an, alle akzeptieren
ihre Verantwortung, alle verpflichten sich zur Reduktion von
Treibhausgasen. Das ist Fortschritt, den es anzuerkennen gilt, auch
wenn konkrete Zielvorgaben noch fehlen, auch wenn der Konflikt mit
den Schwellenländern um das Maß ihrer Beteiligung nicht ausgestanden
ist. Aber jetzt geht es nicht mehr um das Ob einer weltweiten
Reduktion von Treibhausgasen, sondern nur noch um das Wann und Wie.
Die eigentliche Arbeit kann beginnen. Nicht, dass Bush plötzlich
altersmilde geworden wäre und er erlag auch nicht dem Charme der
deutschen Kanzlerin. Es war der Druck seiner heimischen Industrie und
der Druck der amerikanischen Bevölkerung, die nun auch von dem
größten Klimaschädiger der Welt Bewegung verlangten. Europa hatte mit
seinen weitreichenden Klimabeschlüssen eine Vorlage gegeben, die
hilfreich war. Es zeigte sich bei diesem Gipfel, dass der Kontinent
dann Weltmacht ist, wenn er mit einer Stimme spricht, nicht als neues
oder altes Europa. Europa hat Bush gedrängt, mit Putin endlich direkt
über die Raketenabwehr zu reden. Auch dazu war der amerikanische
Präsident in Heiligendamm bereit und schuf so die Voraussetzung für
die zweite positive Nachricht dieses Treffens. Beide, Bush wie Putin,
haben wenigstens für den Moment den Kurs der Konfrontation
aufgegeben, der zu nichts Gutem führen kann. Im Gegenzug verlangte
Bush von den Europäern, dass sie bei seiner ehrgeizigeren
Afrika-Politik mitmachen. Er wurde so in der anderen wichtigen Frage
dieses Gipfels unfreiwillig zu Merkels Verbündetem. Auch bei diesem
Thema konnte sie durchsetzen, was sie sich vorgenommen hatte.
Die Kanzlerin darf mit Fug und Recht sagen, dass ihre Fähigkeit zur
Moderation und ihr taktisches Geschick in diesen Tagen einen
internationalen Triumph gefeiert haben. Sie sollte sich aber
ebenfalls zugestehen, dass viel Glück auf ihrer Seite war. Es hätte
auch alles ganz anders kommen können in Heiligendamm.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau