Westdeutsche Zeitung: Steinbrück statt Rüttger
Archivmeldung vom 04.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSie haben kein Geld mehr, sind bereits hoch verschuldet, möchten sich aber trotzdem ein neues Auto kaufen? Statt der zunächst veranschlagten 25.000 Euro kostet der Wagen überraschend nur 20.000. Sie müssen also weniger neue Schulden aufnehmen als zunächst geplant. Würden Sie dann ernsthaft auf die Idee kommen, von einem 5000-Euro-Überschuss zu reden und darüber nachdenken, was Sie mit dem "zusätzlichen" Geld nun Schönes anfangen können?
Die Debatte über die so genannten Steuerüberschüsse war von Anfang
an eine Gespensterdiskussion. Die Koalition hat nun die einzig
vernünftige Entscheidung getroffen: Sie will den Löwenanteil des
Geldes dazu nutzen, die Neuverschuldung zu senken, wie von
Finanzminister Peer Steinbrück gewünscht. Wohlgemerkt: Es geht noch
immer nicht darum, Schulden abzubauen. Es geht darum, weniger neue
Schulden zu machen. Dass Union und SPD nebenbei die Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung etwas stärker senken als ursprünglich
geplant, ist allenfalls Kosmetik. Bei 0,3 Prozentpünktchen geht es
für jeden Arbeitsnehmer nur um ein paar Euro. Geschenkt! Entscheidend
ist, dass - endlich mal wieder - die Richtung stimmt: Die Haushalte
müssen konsolidiert werden, die Lohnnebenkosten sinken.
Fehlt nur noch, dass jemand Jürgen Rüttgers stoppt. Der selbst ernannte Arbeiterführer aus Düsseldorf hält wacker an seinem Plan fest, Hartz IV zu durchlöchern. Dabei war er es, der 2002 als NRW-Oppositionsführer gefordert hatte, das Arbeitslosengeld zu begrenzen. Nur so ließen sich "die Anreize zur Arbeitsaufnahme erhöhen". Schade, dass sich Rüttgers immer jener Argumente bedient, die zum jeweiligen Zeitpunkt die meiste Profilierung versprechen. Dass sich ausgerechnet Sozialdemokraten gegen diesen Populismus stemmen, ist bezeichnend.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung