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Börsen-Zeitung: Vollbremsung

Archivmeldung vom 17.04.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.04.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Das hatten sich die Finanzingenieure bei Schaeffler schön ausgedacht. Mit der Umwandlung von nicht börsennotierten Stamm- in gelistete Vorzugsaktien hätte sich die Eigentümerfamilie einen Weg geschaffen, um ohne Verlust an Einfluss Anteile verkaufen oder als Akquisitionswährung einsetzen zu können. Kein Wunder, dass solch ein Konzept so manchem Investor missfällt. Eine auf zwei Jahre verlängerte Haltefrist und eine Ausweitung des Dividendenaufschlags für Vorzugsaktionäre reichen da kaum aus, um kritische Gemüter wohlgesonnen zu stimmen.

Nun bleibt Konzernchef Klaus Rosenfeld und Großaktionär Georg Schaeffler nichts anderes als eine Vollbremsung. Sie verzichten auf ihre Umwandlungspläne. Das ist eine kluge Entscheidung. Zu peinlich wäre eine Abstimmungsniederlage auf der Hauptversammlung am kommenden Freitag gewesen. Solch eine Blamage hätte die Beziehungen zu wichtigen Investoren noch mehr strapaziert.

Das Argument, die Familie wolle sich mit der Umwandlung mehr Flexibilität verschaffen, geht letztlich ins Leere. Wäre das für den Konzern wirklich ein Aspekt von überragender Bedeutung, wäre es ein Leichtes gewesen, den erst zweieinhalb Jahre zurückliegenden Börsengang entsprechend zu strukturieren. Nun rächt sich, dass solche Erwägungen vor dem IPO nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Ohnehin mutet das ganze Umwandlungsprojekt reichlich antiquiert an. Quasi wie ein Relikt aus einer Zeit, als Aktionäre mehr als Geldgeber und weniger als Miteigentümer gesehen wurden. Schon seit langem sind stimmrechtslose Dividendentitel in Deutschland tendenziell auf dem Rückzug. So manches Unternehmen hat börsennotierte Vorzugsaktien in stimmberechtigte Papiere umgewandelt. Sie folgten dem Grundsatz "eine Aktie, eine Stimme", den gerade angelsächsische Investoren vertreten, wohl wissend, dass diese Linie auch im Mutterland des Aktionärskapitalismus, den USA, längst nicht immer eingehalten wird - man denke nur an den Technologiesektor.

Die grundsätzliche Forderung nach Gleichberechtigung aller Aktionäre dürfte für den Widerstand gegen die Umwandlung von Schaeffler-Aktien ausschlaggebend gewesen sein. Kritiker können zwar mit den in Deutschland nach wie vor vertretenen stimmrechtlosen Papieren leben. Henkel und Volkswagen sind sogar mit Vorzügen im Dax präsent. Doch ein Wiedererstarken der ungeliebten Vorzugsaktien, wie es die Schaeffler-Pläne bedeutet hätte, geht vielen Investoren dann doch zu weit.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Helmut Kipp

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