Leipziger Volkszeitung zu Sotschi
Archivmeldung vom 06.07.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.07.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Botschaft ist unmissverständlich:Die olympische Zukunft gehört nicht der winterlichen Bergromantik, nicht traditionellen Orten mit existierenden Wettkampfstätten und schon gar nicht bescheidenen Spielen - diese Lektion hat vor Salzburg auch schon Leipzig erhalten. Tradition ist derzeit nicht in Mode.
Das Signal ist klar: Die Wahl
Sotschis steht für die Erschließung neuer Wintersportgebiete und
damit neuer Märkte. Das ist nur logisch für die "Geldmaschine" IOC,
die sich der Globalisierung verschrieben hat, bevor das Wort
überhaupt erfunden wurde.
Warum nun aber Sotschi statt Pyeongchang?Die Koreaner hatten wie
schon vor vier Jahren das beste Konzept, veranstalten bereits
internationale Wettbewerbe und überzeugten auch mit ihrer
Präsentation. Es war ein Sieg des Mammons, na klar. Die Russen hatten
das größte Bewerbungsbudget, planen mit dem dicksten Etat und
versprechen gigantische Investitionen. Die sind auch nötig, weil
zwischen all den Palmen und Zypressen weder eine Sprungschanze noch
ein Eiskanal, eigentlich gar keine winterliche Sportstätte existiert.
Dass kurz vor der Wahl der russische Staatskonzern Gazprom
ankündigte, Großsponsor des IOCwerden zu wollen, passt nur zu gut ins
Bild. Als auch bei dieserWahl Bestechungsvorwürfe laut wurden,
wunderte sich niemand mehr - so war es schließlich schon immer.
Es ist aber nicht nur eine Frage des Geldes, dass die Winterspiele
2014 am südlichsten Punkt Russlands stattfinden. Denn auch die
Koreaner haben mit vielen Dollars gewunken, genau so intensiv
Lobbyarbeit betrieben und gleich zwei IOC-Großsponsoren aufzubieten.
Putins Einsatz machte den Unterschied, er hat die Wahl ganz im alten
Stil zur nationalen Herausforderung erklärt. Der Präsident persönlich
garantierte neun Milliarden Dollar und versprach noch mehr:Sechs
Meter Schnee zum Beispiel, und dass sich kein Umweltschützer Sorgen
machen müsse. Vielleicht wollte das IOCmit der Wahl Sotschis ja
wirklich, wie kolportiert, dem neuen Russland den Ritterschlag
erteilen. Zuletzt durften die Russen im Sommer 1980 Olympia
veranstalten, noch unter Breschnew und wegen des West-Boykotts nur
für die halbe Welt. Da scheint es nur legitim, wenn eine der
erfolgreichsten Nationen des Wintersports endlich zum Zuge kommen
will. Auch wenn dafür ein komplettes Wintersportzentrum aus dem Boden
gestampft werden muss. Noch bis vor Kurzem warb Sotschi mit dem
Tourismus-Slogan:"Die Stadt, die nur Sommer kann." Mit der
Winter-Bewerbung wurde der Spruch schnell beerdigt. Sotschi kann also
ab sofort auch Winter.
Den Deutschen passt die Wahl Sotschis in den Plan. Eine Kandidatur
Münchens für 2018 ist nun heißes Thema und erscheint zumindest den
Bayern aussichtsreich. Warum nur? München 2018 bedeutet Rodeln am
Königssee, die Alpinen in Garmisch, viel Tradition und Bergromantik.
Kollidiert leider komplett mit der Botschaft desIOC aus Guatemala.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung