Börsen-Zeitung: Ein Schwedenstreich
Archivmeldung vom 08.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIrgendwann im Oktober waren in Schweden die ersten Gerüchte hochgekommen, dass sich der Finanzinvestor Christer Gardell mit seinem Beteiligungsfonds Cevian in größerem Stil bei einem großen deutschen Dax-Konzern engagiert habe. "Mindestens 1Mrd. Euro" seien im Spiel, hieß es vieldeutig. Die schwedische Presse machte sich daraufhin auf die Jagd nach dem Namen.
Mit großer Streubreite wurde in die Gegend geballert: BASF, Daimler, Volkswagen und MAN wurden als mögliche Einstiegsziele ausgemacht. Als heißester Kandidat galt lange BASF, weil Gardell früher einmal Chef bei der Beteiligungsgesellschaft Custos war. In dieser Funktion war er auch Aufsichtsratsmitglied bei Perstorp - und dort sei ja bekanntlich BASF einer der größten Konkurrenten. Stark kombiniert, aber leider daneben. Die Münchener Rück ist das Ziel.
Warum gerade in diesen Zeiten in eine Rückversicherung investieren? Lockt das Vorbild von Warren Buffet, der mit seinem Engagement bei Berkshire Hathaway ganz gut gefahren ist? Nach vielen Jahren eines harten Marktes haben sich aber inzwischen Konditionenabriebe eingestellt. Der Zenit liegt längst hinter der Branche. Allerdings klingt die Durchsage der Hannover Rück - weltweit die Nummer 4 - ganz interessant, dass wegen der Einmaleffekte aus der deutschen Steuerreform Eigenkapitalrenditen von "mindestens" 20% auch in diesem Jahr möglich sein sollten. Zudem hat die Münchener Rück einen Aktienrückkauf angekündigt. Dies offenbart immer, dass man nicht so recht weiß, was man mit der vorhandenen Liquidität anfangen soll.
Als Shareholder-Aktivist ist Gardell in Schweden erstmals Ende 2003 in Erscheinung getreten, als er mit seinem damals noch mit Amaranth firmierenden Risikofonds bei Lindex einstieg. Wenig später engagierte er sich dann auf Seiten von Old Mutual für deren Übernahme der Skandalversicherung Skandia. Vielleicht kommt daher eine gewisse Versicherungsaffinität. Landesweit bekannt wurde er aber erst mit seinem Einstieg beim schwedischen Lasterhersteller Volvo. Dort wurden Gardell aber auch ganz schnell die Grenzen aufgezeigt. Ein Platz im Aufsichtsrat war für ihn dort niemals drin. Da blockte das schwedische Finanzestablishment. Bei der Münchener Rück hat Gardell ein erstes Ziel schon erreicht: Alle prüfen, ob sie dort vielleicht was übersehen haben.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Gottfried Mehner)