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Börsen-Zeitung: Kesseltreiben

Archivmeldung vom 20.10.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.10.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Der Chef der Börse schmeißt hin. Nein, nicht Carsten Kengeter, sondern Xavier Rolet, Chef der London Stock Exchange, des verhinderten Fusionspartners der Deutschen Börse. Das kommt für Kenner der Szene nicht völlig überraschend, war der geordnete Rückzug aus dem CEO-Amt ja schon Rolets Plan für den Fall einer geglückten Fusion der beiden Börsenbetreiber.

Dass auch Kengeter hinschmeißen könnte, wäre gleichwohl nicht so abwegig nach dem Kesseltreiben gegen die Deutsche Börse und der öffentlichen Demontage ihres Vorstandsvorsitzenden in einigen Medien, hinter der nicht wenige am Finanzplatz ein gezieltes Manöver der Finanzaufsicht Bafin vermuten.

Die Frage ist, wie sehr sich das Amtsgericht Frankfurt, das dem von der Staatsanwaltschaft angebotenen Vergleich mit Deutscher Börse und Kengeter und der Einstellung des Ermittlungsverfahrens zustimmen muss, von der Kritik der Bafin an dem Vergleich beeinflussen lässt. Angeblich ist der Finanzaufsicht die Geldauflage zu gering. Es ist schon sehr gewöhnungsbedürftig, wie hier ein Regulator versucht, Einfluss auf ein rechtsstaatliches Verfahren zu nehmen. Was auch immer die Agenda der Bafin sein mag, fest steht bereits jetzt, dass die Deutsche Börse und der Finanzplatz dadurch Schaden genommen haben. Wenn die Finanzaufsicht Vorbehalte gegen die Einstellung des Verfahrens oder Kritik an den Bedingungen des Vergleichs hat, dann sollte sie dazu offen Position beziehen. Ihr Präsident ist ja auch sonst nicht auf den Mund gefallen.

Carsten Kengeter muss sich fragen, wie lange er gute Miene zum bösen Spiel machen soll. Die Aktionäre mögen noch fest zu ihm stehen und wissen, wie sehr der deutsche Börsenbetreiber an der Spitze einen international erfahrenen Kapitalmarktfachmann braucht. Und dass gute Alternativen angesichts des doch sehr provinziell anmutenden regulatorisch-politischen Umfelds schwer zu gewinnen sein werden. Doch die Aktionäre sitzen bei einem so politischen Unternehmen wie der Deutschen Börse am kürzeren Hebel.

Für Kengeter könnte es mit Blick auf seinen im Frühjahr 2018 auslaufenden Vertrag und dessen noch nicht absehbarer Verlängerung mehr als ein Gedankenspiel sein, sich mit einer beruflichen Zukunft an seiner Wohn- und langjährigen Wirkungsstätte London zu beschäftigen. Bis zu Xavier Rolets Abtritt als LSE-Chef Ende 2018 ist ja noch Zeit und auch die emotionalen Wogen nach der gescheiterten Fusion zwischen London und Frankfurt dürften sich bis dahin geglättet haben.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Claus Döring

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