Neues Deutschland: zu den Wahlen in Pakistan
Archivmeldung vom 20.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas war ein schwarzer Tag für Pervez Musharraf. Dabei stand er gar nicht zur Wahl. Doch »seine« regierende Muslim-Liga erlebte ein Desaster. Da konnte beim pakistanischen Präsidenten nicht einmal Freude darüber aufkommen, dass die Islamisten im Parlament fast bis zur Unsichtbarkeit geschrumpft sind.
Denn zählt man die Stimmen der beiden größten Oppositionsparteien zusammen, kommen sie auf etwa 60 Prozent. Diese Wahl war eindeutig ein Referendum über und gegen Musharraf. Die Wut auf den Ex-General, der sich vor acht Jahren an die Macht geputscht und zuletzt ein ziviles Mäntelchen umgehängt hat, ist groß. Nicht nur wegen seines autokratischen Führungsstils, der der Gewalt im Lande dann doch nicht Herr wird. Armut, Arbeitslosigkeit, Korruption - es gibt viele Gründe für die Unbeliebtheit Musharrafs, der nun sogar um seinen Präsidentenstuhl bangen muss. Denn bildet sich eine Koalition mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, wäre ein Amtsenthebungsverfahren möglich. Doch das hängt davon ab, ob die politischen Erben Benazir Bhuttos und der aus dem Exil zurückgekehrte Ex-Premier Sharif nur an die eigenen Pfründe denken oder das Wohl aller Pakistani im Auge haben. Und wie sich die Armee verhalten wird. Demokratie, Chaos, Ausnahmezustand - wohin der einzige muslimische Atomwaffenstaat mit seinen Terroristen-Enklaven treibt, berührt auch den Rest der Welt. Im Fall der Fälle existenziell.
Quelle: Neues Deutschland