Börsen-Zeitung: Generationenwechsel
Archivmeldung vom 18.07.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.07.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie Könige der Wall Street gehen in den Ruhestand. Im Finanzzentrum der Welt findet zehn Jahre nach der jüngsten Wirtschaftskrise ein Generationenwechsel statt. Nicht nur bei Banken wie J.P. Morgan oder Morgan Stanley laufen sich derzeit bereits die designierten Nachfolger für die Topjobs warm. Auch die in die Jahre gekommenen Gründer von Beteiligungsgesellschaften wie KKR, Blackstone oder Carlyle haben in den vergangenen Monaten die Stabübergabe mindestens eingeleitet.
Mit der Berufung von David Solomon zum nächsten Chef von Goldman Sachs, ist der Übergang auf die nächste Generation an der Wall Street quasi auch offiziell gestartet. Bereits im Oktober und damit früher als erwartet löst der 56-Jährige den sieben Jahre älteren Lloyd Blankfein als CEO ab. Zum Jahresende rückt Solomon auch in die Position des Chairman nach. Er galt seit dem Frühjahr als designierter Nachfolger und hat jetzt freie Hand, über den Sommer erste Weichen für die Zeit nach Blankfein zu stellen.
Nach dem Rückzug eines der dienstältesten Bankmanager an der Wall Street ist Jamie Dimon an der Spitze von Branchenprimus J.P. Morgan Chase bald der einzige Chef einer großen US-Bank, der das von ihm geführte Institut bereits vor der Finanzkrise leitete. Fast zeitgleich mit Blankfein schaffte er den Aufstieg an die Spitze vor ziemlich genau zwölf Jahren. Erst im Januar hat Dimon mit Gordon Smith und Daniel Pinto zwei Co-Präsidenten installiert, die dereinst seine Aufgaben übernehmen könnten.
Macht der 62-Jährige wie im Januar angekündigt weitere fünf Jahre an der Spitze voll, hätten beide Kandidaten ihrerseits die 60 Jahre überschritten. Wie schwierig es ist, den richtigen Zeitpunkt für den Stabwechsel zu erwischen, hat Blankfein vorgemacht. "Wenn es schlecht läuft, kann man nicht gehen, und wenn es gut läuft, will man nicht gehen", erklärte er einmal zu den Nachfolgeplänen und verpasste 2016 prompt eine gute Gelegenheit für den Rückzug.
Im vergangenen Jahr drohte ein Einbruch im Handel mit festverzinslichen Wertpapieren, wo Blankfein seinen Aufstieg startete, den Nimbus des Chefs anzukratzen. Gestern legte Goldman Sachs gute Zahlen vor, wobei das Handelsgeschäft weiter an Bedeutung verliert. Solomon muss den nach der Finanzkrise mit Verspätung begonnenen Umbau fortführen und wird dabei auf die Retailsparte Marcus sowie das Investment Banking setzen, dessen Bedeutung für Goldman unter seiner Regie zuletzt rasant gestiegen ist.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Stefan Paravicini