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Foodwatch: Monsanto-Listen, Mafia – was kommt als nächstes?

Archivmeldung vom 17.07.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.07.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

"Auch wer für eine gemeinnützige Organisation arbeitet, darf nicht nur Zuspruch erwarten. So weit, so gut. Dass unsere Arbeit kritisch hinterfragt wird, zum Beispiel von Medien oder auch der Lebensmittelwirtschaft, halten wir für selbstverständlich – und sogar wichtig. In den vergangenen Jahren nehmen wir jedoch aus manchen Kreisen eine zunehmend feindliche, aggressive Stimmung wahr, die foodwatch wie viele andere gemeinnützige Vereine trifft – und sogar einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.", schreibt der Geschäftsführer von Foodwatch, Martin Rücker.

Rücker weiter: "Inzwischen werden dabei zunehmend Grenzen überschritten: Organisationen wie foodwatch und die Menschen, die dort arbeiten, werden verleumdet, denunziert, observiert. Von Konzernen, Wirtschaftslobbyisten und von politischen Kräften.

Das ist leider keine Übertreibung. Die jüngste Eskalation: Wie die französischen Medien France 2 und Le Monde enthüllten, führte Monsanto geheime Listen seiner Gegner. Listen von Personen, die der Gentechnik-Konzern als Gefahr für die weitere Zulassung des Pflanzengifts Glyphosat einstufte. Listen von Menschen, die es zu „erziehen“ oder gar zu „überwachen“ (!) gelte. Über Journalisten, Politiker oder Umwelt- und Verbraucherschützer erfasste Monsanto persönliche Informationen – Adressen, politische Einstellungen, zum Teil sogar Hobbys und persönliche Vorlieben und Bewertungen. Auf einer der geheimen Monsanto-Listen stehen auch zwei meiner foodwatch-Kolleginnen aus Paris. Sie waren geschockt, als sie von den Enthüllungen erfuhren.

Ob solche Überwachungslisten zulässig sind? Nein, aber das hat Monsanto offenbar nicht weiter gestört. Der deutsche Bayer-Konzern, der Monsanto vor einigen Monaten übernahm, behauptet, von alledem nichts gewusst zu haben. Ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte – und warum? Weil Menschen eine andere Position vertreten und damit offenbar dem Geschäftsinteresse von Monsanto im Wege stehen!

Wir möchten Konzernen wie Bayer-Monsanto das Signal geben: Es hilft nichts, uns unter Druck zu setzen! Wir machen weiter, weil wir von unseren Zielen überzeugt sind. Das können wir, wenn möglichst viele Menschen hinter uns stehen. Helfen Sie uns dabei, stärken Sie uns den Rücken – und werden Sie jetzt

Mit Diffamierungen müssen wir schon lange leben. Vor Jahren schon hat der Cheflobbyist der Lebensmittelindustrie foodwatch als „Sekte“ beschimpft und damit versucht, uns ins Zwielicht zu rücken. Die Monsanto-Akten aber haben eine neue Qualität: Sie stehen für eine Entwicklung, in der sich Aktivistinnen und Aktivisten sowie ganze Organisationen einem massiven Druck ausgesetzt sehen. Das Beste, was wir dem entgegensetzen können, ist: weiter machen! Wenn Sie das auch so sehen, helfen Sie bitte mit, unsere Arbeit zu ermöglichen und unterstützen Sie uns als Förderer/Förderin von foodwatch!

Seit einigen Jahren hat sich das Klima für Nichtregierungsorganisationen verschärft:

  • Nachdem foodwatch und andere Non-Profit-Organisationen immer wieder Informationen über Handelsabkommen wie TTIP an die Öffentlichkeit gebracht haben – Informationen, die uns Regierungsvertreter vorenthielten! – mussten wir uns nicht selten öffentlich der Unwahrheit oder der Lüge bezichtigen lassen. Selbst wenn alle Belege auf dem Tisch lagen. Entsetzt trug uns ein Bürger zu, wie ein einflussreicher Bundestagsabgeordneter und TTIP-Unterstützer foodwatch bei einer öffentlichen Veranstaltung in Süddeutschland als „semikriminelle Vereinigung“ bezeichnet und mit der „Mafia“ verglichen haben soll.
  • Nach unternehmenskritischen Veröffentlichungen erreichen uns schon mal Drohanrufe. Industrienahe oder wirtschaftsradikale „Medien“ und „Think Tanks“ (sog. „Denkfabriken“) brüsten sich damit, Organisationen zu „observieren“ und verbreiten im Internet Falschinformationen. Manche renommierte Zeitung macht sich solche Texte zu eigen, oft ungeprüft. Einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten es schon erleben, dass sie persönlich angegriffen und zum Beispiel öffentlich der Lüge bezichtigt oder z.B. als ahnungslose „Theaterwissenschaftler“ herabgewürdigt wurden.
  • Bei einem persönlichen Gespräch im Bundestag drohte uns eine hochrangige Abgeordnete aus der Regierungskoalition ganz unverhohlen mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit, wenn wir so weiter machen würden. Würde dies geschehen, wäre es für foodwatch existenzbedrohend! Da in einem Rechtsstaat zum Glück nicht Parteien oder Politiker nach Lust und Laune über die Gemeinnützigkeit von Organisationen entscheiden können, glauben wir zwar nicht, dass es passiert – und würden uns natürlich auch mit aller Kraft dagegen wehren. Aber es ist kein gutes Gefühl zu wissen, dass es politische Kräfte gibt, die mit solchen Drohungen auf kritische Organisationen wie foodwatch reagieren…

Liebe foodwatch-Interessierte, ich verspreche Ihnen: Wir lassen uns nicht entmutigen und bleiben unbequem. Vielleicht sind solche Drohungen der beste Beweis dafür, dass wir unseren Finger in offene Wunden legen. Viel Feind, viel Ehr? Das mag sein, aber ich will nicht verhehlen, dass es nicht immer einfach ist, mit den Angriffen umzugehen. Und dass es für manche Mitarbeiterin und manchen Mitarbeiter eine Belastung sein kann, wenn sie persönlich angegriffen werden, weil sie einfach nur ihre Meinung sagen oder Fakten präsentieren. Bitte stärken Sie uns den Rücken: Helfen Sie uns als Förderer/Förderin von foodwatch!

Ich meine: Wir müssen uns wehren — und sagen: Jetzt erst recht! Wir können nur dann in einer lebendigen, demokratischen Gesellschaft leben, wenn das Engagement von Bürgerinnen, Bürgern und Organisationen gefördert statt bekämpft wird! Und gerade im Lebensmittel-Sektor bedarf es einer Organisation, die der Übermacht der Lebensmittelkonzerne etwas entgegensetzt und die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher vertritt. Bitte zeigen Sie gerade jetzt, dass Sie foodwatch für eine Organisation halten, die sinnvoll und notwendig ist, – unterstützen Sie unsere Arbeit und werden Sie jetzt Förderer/Förderin von foodwatch!

Quelle: Foodwatch von Martin Rücker

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