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Westdeutsche Zeitung: Bundespräsident

Archivmeldung vom 23.07.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.07.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Horst Köhler kann die Rückendeckung durch die SPD gut gebrauchen. So sehr der Bundespräsident vor seiner Wahl damit kokettiert hatte, von diesem Amt niemals geträumt zu haben, so sehr hat das Staatsoberhaupt Gefallen an seiner Rolle gefunden. Kein Zweifel: Köhler hat Lust auf mehr, und auch die Bürger wollen diesen unkonventionellen und unprätentiösen Präsidenten länger als nur eine Wahlperiode lang im Amt sehen.

Allein diejenigen, die Köhler ins Amt verholfen haben, gehen immer stärker auf Distanz zu ihm. Spätestens seine offene Kritik an Innenminister Wolfgang Schäuble hat Köhler von der Union entfremdet. Aber so ist das nun einmal, wenn man einen Seiteneinsteiger verpflichtet, der die zuweilen zweifelhaften Tabus der Parteiendemokratie nicht zur Staatsräson erhebt. Köhler hat die Unterschrift unter gleich zwei Gesetzentwürfe verweigert, die er für verfassungswidrig hält, und er lässt sich partout nicht davon abbringen, als moralische Instanz zuweilen auch die Tagespolitik zu begleiten. Damit überschreitet er aber noch lange nicht die begrenzten Kompetenzen, die unsere Verfassung dem Bundespräsidenten zuschreibt.
Wenn nun SPD-Chef Kurt Beck Gefallen an einer Wiederwahl Köhlers findet, steigen dessen Chancen auf eine zweite Amtszeit beträchtlich. So sehr sich die Union darüber grämen mag, dass sich "ihr" Präsident jeder Kontrolle entzieht (so wie sich das für jeden guten Präsidenten gehört), so wenig kann sie es sich leisten, auf Distanz zu ihm zu gehen. Becks Vorstoß setzt CDU und CSU bei einer der zentralen politischen Personalien der kommenden Jahre schachmatt.
Und der SPD-Vorsitzende schafft mit seinem Vorstoß ein Zweites: Er sendet ein freundliches Signal an die FDP aus. Schließlich hatte Parteichef Westerwelle gemeinsam mit Angela Merkel Horst Köhler ins Amt gehoben. Man darf Becks Verzicht auf einen eigenen SPD-Kandidaten bei der nächsten Präsidentschaftswahl getrost als ein Zugeständnis an eine denkbare Ampelkoalition mit FDP und Grünen werten. Auch wenn die SPD im Moment noch weit davon entfernt ist, ein solches Bündnis schmieden zu können: Beck, den viele schon abgeschrieben haben, weiß offenbar doch noch mit klugen Schachzügen zu überraschen.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung

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