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WAZ: Links ist da, und nun?

Archivmeldung vom 04.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eine Woche ist die Wahlnacht von Hessen her, von einer Aufarbeitung des Geschehenen aber sind die Volksparteien noch meilenweit entfernt. Den Schrecken von links in den Gliedern, drehen und wenden sie sich - und kommen kein Stück voran. Selbst in der Wahlanalyse nicht.

Da gibt der harte Koch Fehler zu, wofür so mancher in der Union dankbar ist, weil das über weitere unerfreuliche Gedanken hinweg hilft. Und in der SPD sprechen sie sich Mut zu, man werde die Linken argumentativ schon stellen: Hallo wach! möchte man rufen. Die Linkspartei ist samt den ehemaligen SED-Leuten im Westen angekommen - trotz eines Linkswahlkampfs der SPD in Hessen, trotz einer Holzhammer-Kampagne auf das Unsicherheitsgefühl.

Die SPD ist genauso gescheitert wie die Union. Und man darf gespannt sein, welche Diskussionen über die eigene Profillosigkeit noch kommen. Wie bitte schön will denn die SPD, die mit Mindestlöhnen a´ la 9,80 Euro für Ungelernte durch die Lande zieht, die Linke künftig stellen, wenn die einfach immer eine Schippe drauflegt? Und wo ist eigentlich die wirtschaftspolitische Kompetenz der Rück-Reformer aus der Union geblieben? "Zwölf Prozentpunkte Rückgang in einem Land, dem es eigentlich blendend geht, können ohne eigene Fehler nicht entstehen", sagt Koch.

Der Mann hat Recht und rührt an einer vielleicht fundamentalen Veränderung in der Welt der Wahlkämpfer. "Es ist die Wirtschaft, Dummkopf", lautete ein Schlagwort aus dem Clinton-Wahlkampf in den 90er Jahren, das besagte: Du hast gewonnen, wenn die Arbeitslosenzahlen sinken. Helmut Kohl hat dasselbe so ausgedrückt. "Wichtig ist, was hinten herauskommt."

Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit 1993 nicht. Und dennoch muss die CDU-Chefin bei der Bundestagswahl mit einer linken Mehrheit in Deutschland rechnen, weil es eine Menge Leute gibt, die verunsichert sind über das wirtschaftliche Geschehen im Lande. Der Mindestlohn ist die Chiffre für eine tief empfundene Ungerechtigkeit im Lande D. Das wird die Linke weitertragen. Lafontaine weiß das, und er weiß auch, warum er Opposition bleiben muss: Nichts entzauberte die Linke mehr als die Realität im Regierungsgeschäft.

Es hilft nichts. Sowohl die SPD, die 1998 auf dem dritten Weg ein wirtschaftspolitisches Profil fand, als auch die Union, die den Reformparteitag in Leipzig vergessen machte, müssen sich neu erfinden. Populismus jedenfalls hilft gegen Populisten nicht.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Thomas Wels)

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