Neues Deutschland: Delegiertenversammlung der LINKEN in Essen zur EU-Kandidatenwahl
Archivmeldung vom 02.03.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Angst ging um in Essen. Kaum ein Redner, der nicht dagegen kämpfen wollte, dass die LINKE in die antieuropäische Ecke gestellt wird. Da musste sich der Verdacht aufdrängen, die Partei habe wegen der - laut Bisky - »munteren Diskussion« um die Zukunft der EU ein schlechtes Gewissen.
Aber ist es europafeindlich, den Lissaboner Vertrag wegen der Aufrüstungspflicht abzulehnen? Ist unkritisch gegenüber Europa, wer die in dem Abkommen auch enthaltenen positiven Aspekte erhalten will? Ist derjenige Landespolitiker strammer EU-Anhänger, der mit Geld aus Brüssel seine Region fördern will, und derjenige Europagegner, der gegen neoliberale Politik aufbegehrt? Wer oder was pro- oder antieuropäisch ist, konnte der Parteitag nicht klären. Klar aber wurde in Essen, dass eine wirkliche europapolitische Debatte in der Partei längst überfällig ist. Daher ist auch die Kandidatenliste für die Europawahl mehr von Ost-West-Proporz und Geschlechterquote als von den Herausforderungen für die Linke bestimmt. Nur wenige auf der Liste haben Erfahrungen mit Europapolitik oder mit deren Auswirkungen unmittelbar für die Bürger. Forderungen nach Frieden und Demokratie sind wohlfeil - nötig sind jedoch Konzepte, die, wie eine Rednerin sagte, an die Alltagsinteressen der Menschen anknüpfen. Über Nacht werden die neuen Linksabgeordneten in Brüssel solche Strategien nicht vorlegen können. Einen Vertrauensvorschuss darf man ihnen trotzdem zubilligen.
Quelle: Neues Deutschland