Die Lausitzer Rundschau Cottbus zum Druck auf Bush wegen Guantanamo: Die Notbremse
Archivmeldung vom 01.07.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.07.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittImmerhin, wenigstens die Richter des Obersten Gerichts in Washington haben jetzt die Notbremse gezogen. Der Versuch der Bush-Regierung, einige der in Guantánamo einsitzenden Männer von obskuren Militär-Tribunalen aburteilen zu lassen, hat keine rechtliche Grundlage und verstößt gegen internationale Verpflichtungen der USA.
Aber den weit über 400 Gefangenen nützt
dieser Spruch zunächst wenig. Das Gericht hat es vermieden, zur Frage
ihrer Inhaftierung klar Stellung zu nehmen. Offenbar gibt es dafür
bei der Mehrheit der neun Richter keine einheitliche Position.
Deswegen darf dieses Urteil auch nicht überbewertet werden. Das
Oberste Gericht hat klargestellt, dass es sich nicht von dem
Kriegsgerede aus dem Weißen Haus dazu verleiten lässt, auf
wesentliche Elemente des Rechtsstaates zu verzichten. Es hat damit
seine eigene Stellung und die der Justiz insgesamt untermauert. Um
das Schicksal der Inhaftierten ging es bei diesem Machtkampf nur am
Rande. Beschämend ist der Richterspruch aber nicht nur für Bush,
sondern viel mehr noch für die Volksvertreter des Kongresses. Denn
sie haben bislang dem Präsidenten freie Hand gelassen, sie haben im
Gegensatz zu den Richtern vergessen, was ihre Aufgabe ist in einer
Demokratie, in der die Gewalten aufgeteilt sind.
Bush steckt jetzt in der von ihm selbst gegrabenen Falle. Weil die
auf Kuba Gefangenen seiner Lesart nach gefährliche Verbrecher sind,
kann er sie nicht einfach freilassen. Aber einen Richter, der sie
verurteilt, wird er nur schwer finden. Die Art der Inhaftierung und
die Befragung der Gefangenen lässt rechtsstaatliche Verfahren nicht
mehr zu. Es geht dem Präsidenten bezüglich Guantánamo nicht anders
als im Irak. Er hat etwas angefangen, von dem er nicht wusste, wie es
enden könnte.
Die Notbremse der Richter heißt zunächst weiterer Stillstand. Dies
kann die Haft der seit Jahren im Ungewissen dahin vegetierenden
Männer weiterverlängern. Einer von ihnen kommt aus Deutschland, auch
wenn er nicht Bundesbürger ist. Die Bundesregierung wird
unglaubwürdig, wenn sie sich zwar wortreich von Guantánamo
distanziert und die Schließung vorschlägt, ansonsten aber nichts
unternimmt. Sie sollte den Mann nach Hause holen zu seiner Familie.
Dafür wäre ihr dann nicht nur der US-Präsident dankbar.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau