Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt über den Poker um die Vergabe von Bundesliga-Fernsehrechten
Archivmeldung vom 13.10.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFrüher ging Fußball im Fernsehen manchmal noch so: Da spielte der 1. FC Köln im Europacup (ja, das gab es), und erst kurz vor dem Anpfiff kam die frohe Kunde: WDR einschalten, die zeigen das. Später, als das Prinzip durchschaut und das »Geheimnis« keines mehr war, hielt sich die Überraschung in Grenzen.
Denn es gab
Hoffnung: Am Abend kullert wahrscheinlich wieder die Pille, auch wenn
sich die Bekanntmachung im Programm bis auf den letzten Drücker
hinzog.
Für Romantiker ist der Fernseh-Fußball nun nicht mehr geeignet. Hier
geht es nur noch um die Finanzierung einer teuren und aufgeblasenen
Unterhaltungsbranche sowie um die Anhäufung von Gewinn. Die »Vorlage«
für den Kunden ist im Falle von Bundesliga und Champions League
steil. Wer direkt zusehen will, löhnt.
Aber ärgern oder aufregen lohnt sich nicht. Kirch und Konsorten sind
für die Kickerei offenbar genauso wichtig wie Löw oder Lehmann. Und
der Preis ist heiß. Für Deutschlands Sahneklasse liegen von 2009 an
pro Saison 500 Millionen minimum im TV-Topf, gern darf es auch etwas
mehr sein. Die im Angebot enthaltende Sendung will die Liga gleich
selbst mitliefern, was vielleicht der Korrektur der öffentlichen
Wahrnehmung dienen soll. Aus gewöhnlich mindestens fünf dürftigen
Partien pro Spieltag werden sicher auch noch Spitzenspiele.
Diese Offerte haben ARD und ZDF wie auch Premiere bisher dankend
abgelehnt. So unabhängig möchten sie schon bleiben. Für weniger
potente Mitbewerber könnte es allerdings eine verlockende Variante
sein. Das erspart die Produktionskosten.
Bis 2009 ändert sich noch nichts. Bis dahin gelten die bestehenden
Vereinbarungen. Liga live gegen Kasse bei Premiere, Liga
zusammengefasst samstags um 18.30 Uhr im Ersten, und Liga für
Spätgucker im ZDF-Sportstudio.
Mit der Bekanntgabe des Kirch-Comebacks setzten die Spekulationen um
die Zukunft allerdings sofort ein. Dass der schon einmal schwer den
Ball-Bach hinunter gegangene Medienunternehmer die richtige Wahl war,
wird von vielen Fachleuten bezweifelt. Den von Geschäftsgebaren aller
Art weit entfernten Fan interessiert nur, wann und wie er die
Bundesliga demnächst serviert bekommt. Im Mittelpunkt der Diskussion
steht einmal mehr die Sportschau. Weg damit, ginge es nach Premiere.
Denn der Bezahlkanal möchte ein exklusives Premium-Paket schnüren.
Die ARD rotiert bereits. Erneut muss sie alle Register ziehen, um
nicht bald im Abseits zu stehen.
Ernsthaft befürworten kann das in der Bundesliga niemand. Die
Marketing-Abteilungen der Klubs murren doch jetzt schon, wenn sie
daran denken, dass die öffentlich-rechtliche und damit freie
Liga-Zeit gekappt oder zu weit nach hinten gedrängt werden soll.
Aber es heißt ja, dass im Fußball nichts unmöglich ist - bis hin zum
Gedöns. Eine freie Hotel-übernachtung wird inzwischen schon vom
Reporter mitten in der Übertragung von irgendeinem
UEFA-Cup-Langweiler ausgelobt.
Armer Kerl, er muss das machen, er kann nicht anders.
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt