Allgemeine Zeitung Mainz: Der Wahrheit nahe
Archivmeldung vom 17.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNorbert Hansen scheint viele Jahre den falschen Job gehabt zu haben. Denn die Art und Weise, wie der Ex- Chef der Bahngewerkschaft Transnet nun als Arbeitsdirektor der Bahn AG seinen früheren Kollegen die Zukunft ausmalt, lässt vermuten, dass der Mann geradezu darauf brennt, zu zeigen, wie man ein Unternehmen auf Vordermann bringt.
Anders lässt sich nicht erklären, wie er dazu kommt, kaum dass die Unterschrift unter dem Vertrag zur Teilprivatisierung getrocknet ist, den schlimmsten Befürchtungen um die Zukunft der Arbeitsplätze bei der Bahn mit einer vollen Breitseite neue Nahrung zu geben. Konzernchef Mehdorn hatte alle Hände voll zu tun, um auch nur einigermaßen die Wogen zu glätten, indem er beteuerte, dass man sich auf Punkt und Komma an das halten werde, was vereinbart worden ist. Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Wer sich nämlich ernsthaft daran halten will, bis 2023 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zugleich aber den Konzern für die Zukunft fit machen will, muss Wege zum Personalabbau suchen, auf denen er den Begriff "betriebsbedingt" umgehen kann. Die Antwort lautet: so viele Bereiche wie möglich aus dem Vertragsbereich der Bahn auszulagern, heißt kompromisslos ausscheidende Mitarbeiter nicht zu ersetzen, heißt auch, Beschäftigte über Abfindungen los zu werden. Hansen ist ein alter Gewerkschafter, er kennt alle Tricks und Kniffe. Genau deshalb ist das, was er jetzt so unverblümt gesagt hat, der Wahrheit weit näher als alle Beteuerungen Mehdorns. Und genau deshalb darf man gespannt sein, ob der Bahnchef seinem frisch gebackenen Arbeitsdirektor diese Offenheit verzeihen wird.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz (Peter Königsberger)