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Zehren von den Reserven

Archivmeldung vom 06.11.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Viel hat Finanzvorständin Bettina Orlopp am Donnerstag fürs dritte Quartal nicht präsentiert, was Anleger zum Kauf der Commerzbank-Aktie animieren könnte: Die Erträge sinken, die Risikovorsorge springt, und das Ergebnis vor und nach Steuern ist binnen Jahresfrist ins Minus gedreht.

Der Ausblick ist unsicherer denn je, und dies nicht nur wegen der Covid-19-Pandemie, sondern auch wegen des Vakuums in der Führung - strategische Fragen wird ohnehin der erst zum Jahreswechsel antretende neue Vorstandschef Manfred Knof entscheiden. Dann dürfte abermals ein tiefgreifender Umbau anstehen. Dass das Institut dabei noch nicht gut 500 Mill. Euro an Kosten­ seiner im vergangenen Jahr angekündigten Restrukturierung verdaut hat und bei der polnischen Tochter M-Bank weitere Belastungen wegen in schweizerischen Franken ausgereichten Krediten drohen, fällt da kaum mehr entscheidend ins Gewicht.

Orlopp tut in dieser Situation, was sie tun muss: Sie legt Eigenkapitalreserven an, von denen die Bank in den kommenden Monaten zehren kann. Um 2%, doppelt so rasch wie die Bilanzsumme, oder knapp 4 Mrd. Euro haben sich die Risikoaktiva allein im dritten Quartal reduziert. Zum einen haben Firmenkunden weniger Kreditlinien gezogen. Zum anderen beherzigt die Bank inzwischen den Rat der von der Bundesregierung mandatierten Berater von BCG und sortiert verstärkt Firmenkunden aus, die Eigenkapital binden, aber kein Ergebnis bringen. Allzu forsch darf sie dabei indes nicht vorgehen, begibt sie sich damit doch potenziell auf Kollisionskurs zum staatlichen Großaktionär, dem es zwar um eine profitable Commerzbank, im Zweifel aber mehr noch um die Finanzierung des Mittelstands in der Krise gehen dürfte. Dennoch gehört nicht viel zur Prognose, dass Orlopp die Bilanz auch im Schlussquartal zusammenhalten will, schließlich entscheidet deren Volumen über die Höhe der Bankenabgabe.

Mit der Emission von Hybridkapital und dank aufsichtlicher Lockerungen hat die Commerzbank inzwischen einen Puffer von 374 Basispunkten Kapitalquote geschaffen, der Effekte der Pandemie sowie noch anstehende Restrukturierungskosten ab­federn kann, bevor die aufsichtliche Ausschüttungssperre etwa für die Bedienung von Hybridkapital greift. Bei einem harten Kernkapital von 25 Mrd. Euro eröffnet dies rein rechnerisch einen Spielraum von 6 Mrd. Euro. Dass die Bank am Donnerstag dieses Polster herausgestellt hat, verwundert nicht: Fürs Erste ist es ihr einziges Kapital.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Bernd Neubacher

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