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Börsen-Zeitung: Schnellschuss verboten

Archivmeldung vom 06.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Leicht gesagt, aber gar nicht so leicht getan. Die Einführung einer Digitalsteuer bereitet selbst Steuerspezialisten großes Kopfzerbrechen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wird nun vorgeworfen, er wolle die Einführung einer Digitalsteuer blockieren und wende sich dazu noch vom schwarz-roten Koalitionsvertrag ab. Dies ist eine sehr schlichte These in einer vielschichtigen Gemengelage. Der einfache Begriff der Digitalsteuer gaukelt vor, diese sei so etwas Konkretes wie eine Umsatz- oder eine Gewinnsteuer - sie ist es aber mitnichten.

Der Wunsch nach der Digitalsteuer ist der Versuch, die Besteuerung an die Unternehmenswelt im digitalen Zeitalter anzupassen, auf die das bisherige System nicht mehr passt. Bislang knüpft der Fiskus bei der Besteuerung an real existierenden Betriebsstätten an. Bei digitalen Unternehmen wie etwa Google oder Facebook sucht man diese vergebens. Ihr Geschäft ist der Austausch von Daten und deren Verwertung. Dafür braucht es vor allem Rechnerkapazität, die an einem nahezu beliebigen Ort in der Welt vorhanden sein kann. Das traditionelle Betriebsstättenkonzept greift nicht mehr.

Die Steuermodelle, die auf diese neue Unternehmenswelt reagieren, sind vielfältig. Sie zielen etwa auf die digitale Branche, setzen beim Umsatz an oder sehen Aufschläge auf den Gewinn vor. Die Haltung der Regierungen zum möglichen Eingriff in die Besteuerung ist weltweit vielfältig. Denn es geht nicht nur um grundsätzliche Fragen der Besteuerung - etwa ob die Sonderlast für eine bestimmte Branche verfassungsrechtlich überhaupt haltbar ist -, sondern auch um die internationale Verteilung von Steuersubstrat. Eine Besteuerung beim Nutzer würde für Exportländer wie Deutschland Einbußen bedeuten.

Die deutsche Wirtschaft warnt vor Doppelbesteuerung bei der Einführung einer Digitalsteuer. Denn auch der digitale Wandel traditioneller Industrieunternehmen würde diese in die Kategorie eines Digitalunternehmens befördern. Die Digitalsteuer, die eigentlich darauf zielt, Unternehmen überhaupt fiskalisch zu belasten, würde dort obendrauf gezahlt. Die europäischen Finanzminister werden in Kürze bei ihrem informellen Treffen auch über die Digitalsteuer beraten. Ein Vorschlag der EU-Kommission liegt vor. Eine grundsätzliche Lösung bleibt Brüssel aber schuldig. Dies zeigt, die Digitalsteuer ist nichts für einen Schnellschuss. Der Koalitionsvertrag verspricht nur eine "gerechtere Besteuerung" der Internetkonzerne. Ein kluger Kopf, der dies so allgemein hielt.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Angela Wefers

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