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Die Leipziger Volkszeitung zu Kombilöhnen

Archivmeldung vom 20.07.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.07.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Franz Müntefering bläst ein starker Wind ins Gesicht. Kaum, dass er seinen Vorstoß unterbreitet hat, mit einem neuen Kombilohn-Modell in den kommenden zwei Jahren 100 000 Jobs für die über 50-Jährigen zu schaffen, zerpflücken die Bedenkenträger die Initiative des Arbeitsministers. Und zwar nahezu unisono.

Widerstände kommen aus der Wirtschaft, den Sozialverbänden und auch noch aus den eigenen Reihen von der SPD-Linken. Viel schneller hätte eigentlich kein Modell zerredet werden können.
Dabei ist zumindest Münteferings Anliegen eine der dringendsten Aufgaben, die gelöst werden müssen. Gerade ältere Erwerbslose haben es besonders schwer, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. So waren allein 2005 im Durchschnitt 1,2 Millionen Arbeitslose über 50 Jahre alt, ganz zu schweigen von denen, die sich wegen der schlechten Situation auf dem Stellenmarkt in die Frühverrentung oder in die Altersteilzeit verabschieden und damit die Statistik schönen.
Schon deshalb ist Münteferings Ansatz nachvollziehbar, mit Zuschüssen und Eingliederungshilfen Impulse zur Verbesserung der Lage zu geben. Aber er ist auch nicht neu. Vielmehr ist es im Prinzip ein alter Hut, der nur über die Altersbegrenzung ein wenig aufgepeppt worden ist. In der alten Bundesrepublik ist darüber mit dem Auftreten des Phänomens der Langzeitarbeitslosigkeit immer wieder diskutiert worden. Wie auch verschiedene Konzepte erprobt wurden. Das Mainzer-Modell, das Pilot-Projekt in Kassel oder der so genannte PLUS-Lohn in Köln sind Beispiele dafür. Gemeinsam ist ihnen aber eins: Geholfen hat's wenig. Gerade das erst hochgelobte Mainzer Modell, das nur bestimmte Personengruppen gefördert hatte, ist schnell als zu kompliziert verworfen worden. Schon deshalb scheinen die neuen Anläufe der großen Koalition fragwürdig. Die Instrumente, die übrigens bereits durch Fördermaßnahmen beim Arbeitslosengeld II abgedeckt werden, scheinen ungeeignet. Trotz eines subventionierten Lohnes müssen immer noch die Unternehmen mitspielen. Und dies ist zweifelhaft. Zumal es lukrativer wäre, erst ältere Arbeitnehmer zu entlassen, um sie später mit entsprechenden staatlichen Zuschüssen einzustellen. Diese Gefahr besteht.
Doch das wären nur Randerscheinungen. Wichtiger als jegliche Subventionierung von Arbeitslöhnen ist ein gesellschaftlicher Umdenkungsprozess, der den Wert älterer Arbeitnehmer mit ihrer Erfahrung stärker als bisher würdigt - wie in anderen Industrienationen. Das ist Bedingung dafür, dass eine nachhaltige Entspannung auf dem Stellenmarkt bei den über 50-Jährigen eintritt. Vorausgesetzt, dass es auch Jobs gibt. Und das ist die Crux. Arbeit mit den enorm hohen Lohnnebenkosten ist in Deutschland noch zu teuer, die Wirtschaft wächst lediglich auf Sparflamme. Arbeitsmarktpolitik muss deshalb sorgfältig abgestimmt werden, damit sie zum Erfolg führt. Ein Kombilohn-Modell à la Müntefering ist noch nicht einmal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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