Westdeutsche Zeitung: Killerspiel-Verbot nützt nichts
Archivmeldung vom 22.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Amokläufer von Emsdetten, Stefan B., war nicht nur ein Waffennarr. Er vertiefte sich auch in Computerspiele, in denen es ums Schießen, Töten und Bombenlegen geht. Kaum ist dieses bekannt, setzt bei etlichen Politikern ein Reflex ein, wie er auch nach dem Amoklauf von Erfurt zu beobachten war: "Killerspiele verbieten!"
Diese Reaktion zeugt von Hilflosigkeit und blindem
Aktionismus. Ein deutsches Killerspiel-Verbot wird Blutttaten wie in
Erfurt oder Emsdetten nicht verhindern. Indizierte Titel können sich
Jugendliche ohnehin relativ einfach aus dem Internet besorgen.
Da versprechen andere Maßnahmen schon mehr Erfolg: Zum Beispiel
sollte es nach dem Erfurter Amoklauf an jeder Schule einen
Psychologen geben. Bisher wurde dieser gute Vorschlag nicht
umgesetzt. Und ohne Schulpsychologen ist es schwieriger, gefährdete
Schüler zu identifizieren, bevor sie ausrasten. Die Amokläufer von
Erfurt und Emsdetten etwa waren Sonderlinge, die Probleme in ihren
Familien und kaum Freunde hatten. So haben ihre Mitschüler sie
beschrieben. Aber weder Eltern noch Lehrer griffen ein. In solchen
Fällen müssen Schule und Eltern besser kommunizieren. Zudem haben die
Amokschützen ihre Taten vorher angekündigt. Doch niemand hat das
ernst genommen. Solche Äußerungen dürfen künftig nicht mehr als bloße
Selbstdarstellung abgetan werden.
Etliche verschiedene Faktoren müssen gegeben sein, bevor ein junger Mensch sich zu einer solchen Bluttat entschließt. Ein Computerspiel allein kann nicht der Auslöser sein. Doch beim Spielen ist es wie mit vielem anderen: In Maßen ist es nicht schädlich. Hier sind die Eltern gefordert: Sie müssen darauf achten, dass ihre Kinder nicht ständig nur vor dem Bildschirm hängen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung