Lausitzer Rundschau: Spesenaffäre im britischen Unterhaus
Archivmeldung vom 20.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Skandal um die Spesen für Abgeordnete, der in diesen Tagen Großbritannien, das Mutterland der Demokratie, erschüttert, offenbart eine grundlegende Schwäche der parlamentarischen Regierungsform.
Die Karrieren der Volksvertreter, insbesondere die damit verbundenen oft nicht unerheblichen materiellen Vorteile, sind für viele Wähler nicht mehr nachvollziehbar. Und tatsächlich - dies hat das Beispiel in London wieder einmal gezeigt - genießen Abgeordnete in vielen Ländern unerklärliche und in der Regel auch wohl versteckte Privilegien. Was den Engländern ihre Zweitwohnungsspesen, sind beispielsweise in Deutschland die fantastischen Alterseinkünfte. Der Grundsatz, wonach Parlamente ihre Angelegenheiten selbst regeln, überfordert bei der Entlohnung eine moderne Demokratie. Was fehlt, sind Transparenz und ein tatsächlich unabhängiges Gremium, das klare Grenzen setzt und dafür sorgt, dass die Lebenswirklichkeit der Abgeordneten sich nicht all zu weit von den Bedingungen derer entfernt, die in Parlamenten vertreten werden sollen. Damit würde auch der Vorwurf vom Tisch sein, bei Politikern handle es sich um besonders raffgierige Zeitgenossen. Verglichen mit anderen Spesenrittern halten sie sich sogar noch einigermaßen zurück. Aber wer bleibt schon unschuldig, wenn er beinahe dazu eingeladen wird, sich zu nehmen, was ihm nach eigenem Gusto zusteht? Da ist die Versuchung doch riesig, sich selbst und die Allgemeinheit mehr oder weniger zu beschummeln. Die Zeiten sind ja längst vorbei, in denen Parlamentsmandate eine Art Ehrendienst verdienter Bürger am Allgemeinwohl waren. Heute lebt ein Großteil der Abgeordneten von den ihnen zur Verfügung gestellten Steuergeldern.
Quelle: Lausitzer Rundschau