Lausitzer Rundschau: SPD-Chef Beck gegen US-Raketenschild
Archivmeldung vom 20.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist schwer, auf der Berliner Bühne als Hauptdarsteller wahrgenommen zu werden, wenn man in Mainz sitzt. Kurt Beck zeigt zwar Präsenz in der Hauptstadt, so oft er nur kann. Doch waren die letzten Auftritte des SPD-Chefs nicht immer von Erfolg geprägt. Jetzt aber glaubt der SPD-Vorsitzende ein Thema gefunden zu haben.
Es ist jenes, mit dem schon Gerhard Schröder einen Wahlkampf
bestritt: die Frage von Krieg und Frieden. "Wir brauchen keine neuen
Raketen in Europa", sagt der wahrscheinliche Merkel-Herausforderer
des Jahres 2009 zu den amerikanischen Plänen eines
Raketenabwehrschirms und warnt vor einer neuen Rüstungsspirale.
Mit dieser Aussage hat der SPD-Chef einen wunden Punkt der Koalition
getroffen. Die Union sympathisiert eher mit den amerikanischen
Plänen, bisher aber nicht offen. Angela Merkel hat sich zur Sache
weder positiv noch negativ geäußert. Vorerst heißt die offizielle
Linie der Regierung, dass über das Thema in der Nato und mit den
Russen gesprochen werden muss. Die Chancen auf eine einvernehmliche
Lösung seien gut, sagte Merkel nebulös. Sie wird nun womöglich
stärker als bisher Farbe bekennen müssen.
Beck kommt mit seinem Vorstoß der Sehnsucht vieler Sozialdemokraten
entgegen, sich wenigstens als Friedenspartei zu profilieren, wenn
schon der soziale Ruf in der Großen Koalition leidet. Bereits beim
Afghanistan-Einsatz rumorte es heftig in der SPD. 69 Sozialdemokraten
stimmten gegen die Entsendung von Tornado-Jets. In der Union wächst
deshalb die Sorge, ihr könne der Koalitionspartner, der angesichts
niedriger Umfragewerte von 32 Prozent offenbar intensiv auf
Profilsuche ist, vorzeitig abhandenkommen. Das aber ist
unwahrscheinlich, denn von Neuwahlen würde beim gegenwärtigen
Aufschwung Merkel profitieren. Obwohl Beck gestern schon reklamierte:
"Nur damit das klar ist: Das ist unser Aufschwung."
Der Raketenvorstoß des SPD-Chefs hat vielmehr eine andere
Zielrichtung: Entweder es gibt tatsächlich mit der Nato und Russland
ein gemeinsames Abwehrsystem gegen iranische Raketen, dann stellt
sich das Problem der Rüstungsspirale gar nicht. Oder es gibt, was
wahrscheinlicher ist, eine solche einvernehmliche Lösung nicht. Dann
haben die SPD und vor allem ihr künftiger Kanzlerkandidat Kurt Beck
ein zugkräftiges Wahlkampfthema. Gerhard Schröder lässt grüßen.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau