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BERLINER MORGENPOST: Dynamik, die Berlin nicht vorwärtsbringt

Archivmeldung vom 25.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Was nützt die beste Dynamik, wenn es nicht wirklich vorwärtsgeht. Das Länder-Ranking 2011, vorgelegt von der Initiative Neue Marktwirtschaft und der "Wirtschaftswoche", zeigt dieses Dilemma besonders deutlich am Beispiel Berlin. Hinter Brandenburg rangiert Berlin im Zeitraum 2007 bis 2010 im bundesweiten Vergleich der regionalen dynamischen Entwicklung auf Rang zwei. Toll. Aber viel kaufen können sich die Berliner dafür nicht.

Denn im sogenannten Bestands-Ranking steht Berlin auf dem vorletzten Platz. Schlimm. Denn diese Rangfolge - wiederum im bundesweiten Vergleich - berücksichtigt die Arbeitslosenquote, die Arbeitslosengeld-II-Quote und das Wohlstandsniveau. Da kann Berlin gerade noch Sachsen-Anhalt hinter sich lassen. Eine Bilanz, mit der sich weder die rot-rote Koalition im Wahlkampf rühmen noch der Regierende Bürgermeister persönlich empfehlen kann. Zumal die hunderttausend neuen Arbeitsplätze in Berlin, mit denen Wowereit (SPD) und Wolf (Linke) zu protzen belieben, in der Mehrzahl im Niedriglohnsektor angesiedelt sind. Mehr Hoffnung auf eine bessere Zukunft als dieses Ranking weckt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Sie sieht Chancen, dass Berlin in den nächsten zehn Jahren eine halbe Million durchweg hochwertiger Arbeitsplätze neu aufbauen kann. Die vom Senat ähnlich definierten Wachstumspotenziale liegen in den Bereichen Elektromobilität, Gesundheit, Informationstechnologie und Tourismus. Für einen Qualitätssprung gibt es allerdings eine Voraussetzung: Berlin muss seine Potenziale endlich nutzen. Allein sie zu beschreiben nutzt wenig. Der Senat muss zielgerichtet planen und darf nicht länger nur von den Stärken der Stadt (Wissenschaft, Forschung, Infrastruktur, Gewerbeflächen, Freizeit) reden. Als beispielsweise in dieser Woche die erste Investorenkonferenz zum Standort des im nächsten Jahr zu schließenden Flughafens Tegel tagte, war das Entsetzen der Teilnehmer aus der Wirtschaft, dabei unter anderem der Weltkonzern Siemens, groß. Ihr Urteil: keine Vision für das künftige Profil Tegels, kleinkariert, zu abstrakte, auch provinzielle Planung, fehlender internationaler Ansatz, um ausländische Investoren zu gewinnen. So sind vorhandene Potenziale nicht in wirtschaftliches Wachstum umzusetzen. Auch im Fall Tempelhof verdichtet sich der Eindruck, eine reine Kleingartenkolonie wäre dem Senat dort am liebsten. Erst kürzlich übrigens hat sich Siemens bei einer Großinvestition gegen Berlin entschieden. Oder das Gerede von Berlin als Modellstadt für E-Mobility. Bislang sind nicht einmal alle großen deutschen Automobilbauer vom Senat offiziell oder zumindest inoffiziell zum Mitmachen kontaktiert worden. Und Berlin als Gesundheitsstadt? Wie der Senat die weltberühmte Charité finanziell am langen Arm hungern lässt, ist wahrlich keine Werbung, um international zahlungskräftige Patienten vom Medizinstandort Berlin zu überzeugen. Dynamik hin, Potenziale her - weil Adlershof nicht reicht, darf in Berlin von beidem nicht länger nur schwadroniert werden. Jeder bescheinigt Berlin Chancen. Sie müssen nur endlich konsequent umgesetzt werden. Das wird die große Herausforderung für einen neuen Senat.

Quelle: BERLINER MORGENPOST (ots)

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