Lausitzer Rundschau: Einigung von Bahn und Lokführergewerkschaft
Archivmeldung vom 15.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bild von den armen Lokomotivführern, die verzweifelt darum kämpften, angemessen bezahlt zu werden, war stets unvollständig. Es ging bei diesem harten Tarifkonflikt nie in erster Linie ums Geld, obwohl die vereinbarte Lohnerhöhung happig ist. Es ging ums Prinzip. Um gewerkschaftliche Konkurrenz und um Profilierung. Etwas musste ein für alle mal geklärt werden. Und es ist geklärt worden.
Bei der Bahn gibt es fortan neben den großen Gewerkschaften Transnet und GDBA eine dritte anerkannte Kraft. Die kleine Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL). Sie hat sich ihren Platz brachial erkämpft, rücksichtslos gegen sich, das Unternehmen und die Kunden. So wie die Lokomotivführer sitzen auch andere Berufsgruppen an Schalthebeln, die ein ganzes Land lahm legen könnten. Die Verlockung, sich separat zu organisieren und zu streiken, ist groß. Als Folge droht ein tarifpolitisches Wildwest und die Entsolidarisierung in den Betrieben, wenn jeder wild für sich streikt. Das ist bei der Bahn nun eingedämmt. Die GDL bekommt ihren eigenständigen Tarifvertrag. Aber er beschränkt sich auf die Lokomotivführer und deren Lohnhöhe, Entgeltstruktur und Arbeitszeiten. Die Verhandlungen darum sollen künftig mit den anderen großen Gewerkschaften koordiniert werden. Kein gegenseitiges Hochschaukeln der Forderungen. Alles andere, der Basis-Tarifvertrag, wird gemeinsam verhandelt. Vielfalt in der Tarifeinheit heißt die Zukunft. Dass diese Lösung, zumindest für den Moment, gelungen ist, ist vor allem dem viel gescholtenen Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee zu verdanken. Er hat die Verhandlungen immer wieder in Gang gebracht, wenn gegenseitige Sprachlosigkeit herrschte. Zuletzt hat er den Bahnvorstand gedrängt, in den sauren Apfel saftiger Lohnerhöhungen zu beißen. Freilich, ob der gefundene Friede wirklich hält, ist offen. Erst die nächsten Tarifrunden werden zeigen, wie sehr die drei beteiligten Gewerkschaften tatsächlich bereit sind, miteinander zu kooperieren. Derzeit sind die Gräben noch tief. Wenn die Lösung allerdings trägt, hat sie Modellcharakter. Lernen können aus dieser Auseinandersetzung vor allem die großen Gewerkschaften. Sie müssen die Interessen der einzelnen Berufsgruppen besser als bisher erkennen. Hätten sie das bei der Bahn früher getan, wäre der Konflikt gar nicht so hoch gekocht. Deshalb sollten Transnet und GDBA, die versucht sein könnten, die erzielte Einigung im Nachhinein noch zu torpedieren, jetzt ganz still sein.
Quelle: Lausitzer Rundschau