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Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Klausurberatung des Bundeskabinetts: Erschöpft

Archivmeldung vom 30.08.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.08.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mit der gestrigen Kabinettsklausur wollte die Regierung wieder in die Offensive kommen. Das ist ihr nicht gelungen. Das Dümpeln geht weiter.

Hinter der Kanzlerin, auch hinter Vizekanzler Müntefering, schwillt der Bocksgesang der Widersprüche, Bedenken und Vorschläge aus den eigenen Reihen an. Das hat auch, aber eher weniger mit den anstehenden Wahlen in zwei Ländern zu tun. Das Kabinett ist in einer großen Koalition eben nicht das Gravitationszentrum. Da würde auch eine tagelange Einkehr bei Wasser und Brot nicht helfen. Die Macht liegt ebenso in den Ländern, in den Fraktionen, und, halbe halbe, in den beiden Parteien. Angela Merkel kann nicht wirklich die Regierung führen, ihr Sinn und Richtung geben, wenn es keine gemeinsame Grundüberzeugung beider Partner bis hinein in die Mitgliedschaft der Regierungsparteien gibt. Wenn nicht eine gemeinsame Mission vorhanden ist.
Angenommen, es ginge bis 2009 so weiter. Und angenommen, Merkel würde dann nicht wieder Kanzlerin. Dann bliebe sie, aus heutiger Sicht, in den Annalen als die schwächste Regierungschefin seit Kiesinger in Erinnerung. Außer Spesen - Mehrwertsteuer, Kassenbeiträge, Pendlerpauschale - nichts gewesen.
Merkel, Müntefering und Beck, die wichtigsten Führungskräfte, glauben an die Kraft und die Möglichkeiten der großen Koalition. Sie wollen dem Land jene Veränderungen verpassen, die es in zehn Jahren tatsächlich wieder an die Spitze Europas bringen können. Aber schon diese drei sind sich nicht einig über den Weg dahin. Deshalb machen sie den Koalitionsvertrag zu einer Art Heiliger Schrift, die sie immer wieder anrufen müssen. Und sind sie doch einer Meinung, so nehmen sie zu viele Rücksichten auf ihre jeweilige Klientel und haben zu wenig Mumm und Macht, sich ihr gegenüber durchzusetzen. Die so genannte Gesundheitsreform ist das beste Beispiel für den Führungsmangel, sowohl für die Uneinigkeit im Konzeptionellen als auch für die Rücksichtnahme auf innerparteiliche und externe Lobbyinteressen. Dass Ministerin Schmidt nun gezwungen wird, die missratenen Eckpunkte auch noch eins zu eins in Gesetzestexte zu übersetzen, bedeutet das Verpassen der wohl letzten Korrekturchance. Vielleicht findet sich die bitter entbehrte Führung in der geplanten neuen Viererrunde inklusive CSU-Chef Stoiber, vielleicht verabreden sie sich dort zu größeren Taten. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie es tun, ist eher gering, und das Zeitfenster für Reformen schließt sich schon wieder. Faktisch ginge das nur noch 2007. Danach gibt es wichtige Landtagswahlen und dann kommt schon wieder der Bundestagswahlkampf.
Blickt man nach der gestrigen Kabinettsklausur aber auf das Blatt, auf dem die Vorhaben für 2007 stehen, ist da nur ein leeres Stück Papier. Die Koalition ist, so scheint es, im Hier und Jetzt schon erschöpft.

Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau

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