Börsen-Zeitung: Mit Lurgi auf Lindes Spuren
Archivmeldung vom 18.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGea wird Metallgesellschaft. Metallgesellschaft wird Gea. Metallgesellschaft verschwindet. Gea ist Gea. Mit dem Verkauf der traditionsreichen Frankfurter Lurgi ist die Bochumer Gea wieder das, was sie war: ein Prozesstechnikspezialist.
Das Kapitel
Metallgesellschaft (MG) ist geschlossen. Zur Erinnerung: "Lurgi" war
die Telegrammadresse der 1897 gegründeten Metallurgischen
Gesellschaft. Ihr Ursprung geht auf den technischen Zweig der MG
zurück, die Wilhelm Merton 1881 ins Leben rief.
Für Gea steht die - teure - Trennung von der defizitären Lentjes,
die die MG 1989 erworben hatte, aus. Lentjes hat nach schon teilweise
horrenden Verlusten in der Vergangenheit den Gea-Abschluss 2006 mit
fast einer halben Milliarde Euro belastet und den Konzern in die
roten Zahlen getrieben.
Für Lurgi, einst eine Perle des deutschen Großanlagenbaus, kann es
unter dem Dach der französischen Air Liquide nur besser werden als
bei Gea, wo sie immer ungeliebt war. Seit Anfang der neunziger Jahre
wurde Lurgi in zahlreichen Kostensenkungsschüben ausgedünnt und
reduziert. Erstaunlich, dass immer noch Know-how übrig geblieben ist.
Nun stehen die Chancen nicht schlecht, dass Lurgi bei der
ertragsstarken, global tätigen Air Liquide neue Märkte und
Tätigkeitsgebiete erobern kann. Schließlich kopieren die Franzosen
das Modell Linde: Deren Engineering ist längst auch für externe
Kunden tätig und sorgt für Synergien mit den eigenen
Industriegaseaktivitäten. Doch wird viel Energie nötig sein, bis Air
Liquide - wie Linde - Anbieter schlüsselfertiger Projekte wird.
Investoren reagierten auf die Lurgi-Abgabe unwirsch. Quittiert
wurde der Verkauf mit einem Rückgang des Gea-Kurses. Denn es
verbleiben erheblich mehr Risiken bei Gea als erwartet, und es war
ein höherer Preis in dem sich seit August 2006 hinziehenden Prozess
erwartet worden. Der Veräußerung liegt ein Unternehmenswert von 200
Mill. Euro zugrunde. Wegen der Cash-Position (erhaltene Anzahlungen)
liegt der Kaufpreis mit 550 Mill. Euro höher. Am Markt war auf bis zu
1 Mrd. Euro spekuliert worden. Doch hatte Gea viel zu früh bekannt
gegeben, den Großanlagenbau zu verkaufen, und konnte Ankündigungen
dann nicht halten.
Die Equity Story der Gea muss nun deren Chef Jürg Oleas stricken. Der 4 Mrd. Euro schwere Bochumer Konzern als Börsenlangweiler? Gea ist Gea. Was wird aus Gea?
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung