Neues Deutschland: zur Lage in Irak
Archivmeldung vom 30.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGegen wen der Militäreinsatz von Bagdader Sicherheitskräften und USA-Truppen nahe der Pilgerstadt Nadschaf eigentlich gerichtet war, ließ sich gestern schwer klären: schiitische Milizionäre, wie eine große Nachrichtenagentur berichtete, Anhänger eines »muslimischen Kults«,, wie eine andere meinte, sunnitische Extremisten, wie die dritte verbreitete?
Mit
harter Hand jedenfalls sollen in diesem Jahr Auseinandersetzungen um
das Aschura-Fest, den höchsten schiitischen Feiertag, verhindert
werden. Es erinnert den über 1300 Jahre langen schmerzvollen
Konflikt um den Führungsanspruch unter den Muslimen, der sich in den
Augen vieler im heutigen Zweistromland fortsetzt.
Hier hat die von Washington politisch gewollte schiitische Dominanz
entscheidend dazu beigetragen, das Land immer tiefer in Gewalt und
Chaos zu treiben. Die Kämpfe zwischen den Bevölkerungsgruppen haben
längst die Dimension eines Bürgerkriegs. Laut wurde gestern wieder
eine Autonomieregion im vorwiegend von Schiiten bewohnten Süd- und
Zentralirak gefordert. Die Sunniten lehnen das als Schritt hin zum
Zerfall des Staates ab. Hinzu kommt, dass sich mit der geplanten
Eingliederung der Vielvölkerstadt Kirkuk in das kurdische
Autonomiegebiet im Norden ein neues Konfliktfeld öffnet, auf dem aus
Sorge um einen möglichen eigenständigen Staat der Kurden die Türkei
kräftig mitmischt. Statt nationaler Versöhnung droht Irak stärker
denn je die Spaltung.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland