Neues Deutschland: zum Agentenaustausch USA-Russland
Archivmeldung vom 10.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittOrson Welles hat der Stadt mit seinem berühmten Agententhriller »Der dritte Mann« einst ein ganz besonderes filmisches Denkmal gesetzt. In kalten Kriegszeiten war Wien ein regelrechter Magnet für Spione aus aller Herren Länder. Und auch 20 Jahre nach Ende des Ost-West-Konflikts soll Österreichs Hauptstadt noch immer ein Tummelplatz für Schlapphüte aller Coleur sein. Die müssen sich gestern wie in der Zeitmaschine gefühlt haben.
Erstmals wieder vollzogen Moskau und Washington an der Donau einen spektakulären Agentenaustausch. Dass sich bei allem Dé-jà-vu doch einiges geändert hat, zeigt das Rekordtempo, mit dem beide Seiten in einem diplomatischen Meisterstück das einvernehmliche Finale dieser ungewöhnliche Dokusoap inszenierten. Die Regierungen wollten offensichtlich verhindern, dass die Affäre zur politischen Belastung für bilaterale Beziehungen wird, die sich nach vielen Querelen gerade wieder erholt haben. Und um große Sicherheitsfragen aus der Welt der START-Verträge etwa ging es in dem Fall ja offensichtlich nicht. Kein Wunder, dass im Kreml gestern der neue Geist im russisch-amerikanischen Verhältnis und das tiefe gegenseitige Verständnis und Vertrauen der Präsidenten beider Länder hervorgehoben wurde. Was auch fragen lässt, wer in Washington das Drehbuch genehmigt hat, um den Moskauer »Spionagering« so spektakulär auffliegen zu lassen. Es soll Leute geben, die in dem Ganzen gar eine gelungene PR-Show vermuten. Man darf auf die Fortsetzung gespannt sein. Schließlich haben Obama und Medwedjew auch eine bessere Zusammenarbeit der Geheimdienste vereinbart.
Quelle: Neues Deutschland