Leipziger Volkszeitung zu Vogelgrippe/Krisenstab
Archivmeldung vom 02.03.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.03.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuch schon die Katzenklappe vernagelt, Katzengras angesät und Granulatsäcke fürs Katzenklo gestapelt? Wenn nicht, dann sollten sie es schleunigst tun. Es wird eng für Deutschlands beliebtestes Haustier. Schon blasen die ersten Amtsgewaltigen zum Halali - sollte der Stubentiger beim Ausgang erwischt werden, ist er vor keiner Jagdflinte mehr sicher. Man wartet beinahe stündlich auf den Marschbefehl für die Bundeswehr.
Denn Deutschland wird nicht
länger am Hindukusch verteidigt, sondern an der Samtpfoten-Front. Und
warum war eigentlich noch nichts von Kofi Annan zu hören? Die
H5N1-Terroristen im Katzenpelz sind doch mindestens eine
Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates wert.
Halleluja! Die Hysterie um die Vogelgrippe hat zum Ende der
Narrenzeit einen neuen Höhepunkt erreicht. Auch wenn es Hundebesitzer
ja schon immer gewusst haben wollen, dass die mauzende Kratzbürste
des Nachbarn für immer eingesperrt gehört - die Kirche droht
endgültig das Dorf zu verlassen.
Der Katzenjammer ist nun groß. Und das nicht nur bei Tieren und
Haltern. Auch die ins Rampenlicht der
Christiansen-Maischberger-Schwafelrunden aufgerückten Seuchenexperten
müssten eigentlich Katzenstreu auf ihr Haupt rieseln lassen. Bis vor
kurzem gab es von ihnen fast übereinstimmend Entwarnung. Nach dem
Fall des jetzt wohl berühmtesten, aber leider toten Katers auf Rügen,
wollen es plötzlich alle gewusst haben, dass so etwas doch passieren
kann.
Dabei lenkt die Fokussierung auf die schnurrende Gefahr von den
eigentlichen Problemen nur ab. Noch immer fehlt es an einem Impfstoff
für Tiere, der sie vor Infektion schützt und einen unterscheidbaren
Marker hat. Statt die Forschung in der EU auf Hochtouren zu bringen,
wird erst mal herzhaft über die Verwendung des alten, nicht
virenresistenten Impfstoffes gestritten.
Auch die Bevorratung der Bundesländer mit antiviralen Mitteln ist aus
dem Blickpunkt verschwunden. Mancher Ministerpräsident wird darüber
nicht unglücklich sein. Denn die von der WHO empfohlene
20-Prozent-Versorgung können die wenigsten Ländern einhalten. Im
Pandemiefall, so die Hoffnung, werde man sich untereinander helfen.
Ein abenteuerlicher Plan, wo doch schon die Generalprobe auf Rügen
mit der grenzüberschreitenden Beschaffung von Schutzanzügen und
Seuchenmatten zum föderalen Desaster wurde.
Statt Panik ist nüchterne Vorsorge angesagt. Ein Höchstmaß an Hygiene
sollte dabei für jeden Katzenbesitzer selbstverständlich sein. In den
Sperrzonen bleibt für die Halter nur: Katzenklappe zu und durch. Und
auch mal an das Leckerli extra denken, gegen die Depressionen der
Stuben(arrest)tiger.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung