Lausitzer Rundschau: Zum neuen Rentenbericht der Bundesregierung: Wunsch und Wolke
Archivmeldung vom 08.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittPrognosen sind schwierig. Besonders, wenn sie in die Zukunft gerichtet sind. Der Kalauer passt zur Diskussion über die Rentenbezüge. Kaum ein anderes Thema hat so viel Potenzial, um Junge und Alte gleichermaßen zu verunsichern. Die Rentner bangen um ihre laufenden Auszahlungen.
Und die heutigen Arbeitnehmer fürchten, dass
sie im Ruhestand kaum mehr etwas von ihren Einzahlungen haben werden.
Der jüngste Rentenbericht, der heute vom Bundeskabinett verabschiedet
wird, dürfte kaum dazu beitragen, diese Ängste zu zerstreuen. Im
Gegenteil. Schon die Tatsache, dass das Werk mit mehrmonatiger
Verspätung in die Öffentlichkeit gelangt, ist ein Indiz für den
alarmierenden Zustand der Rentenkasse.
Dabei versprechen die Verfasser diesmal realitätsnähere Vorhersagen,
als sie von früheren Regierungen zu hören waren. Gleichwohl sind die
Zahlenkolonnen immer noch zu schön, um wahr zu sein. Trotz wachsender
Alterung der Bevölkerung soll der Beitragssatz nach 2012 sinken.
Gleichzeitig dürfen die Rentner dann wieder auf steigende Bezüge
hoffen. Wie das zusammengehen soll, ist schleierhaft. Die Quadratur
des Kreises war schon ein Markenzeichen früherer Rentenberichte. Nach
der offiziellen Prognose von 1995 müssten die Renten heute um fast 22
Prozent höher liegen. Ursache der damaligen Fehleinschätzung: Die
Lohnsteigerungen, nach denen sich die Rentenanpassungen im Grundsatz
immer noch errechnen, wurden viel zu optimistisch eingeschätzt.
Tatsächlich lässt sich das Gehaltsniveau auf lange Sicht ebenso wenig
prophezeien, wie die Zahl der Arbeitsplatzbesitzer mit ihren
entsprechenden Beitragszahlungen. Die wachsenden Löcher in der
Rentenkasse resultieren allerdings nicht nur aus den Unwägbarkeiten
der wirtschaftlichen Entwicklung. Schon bei der deutschen Einheit
wurden die Weichen falsch gestellt. Die Kosten des Zusammenwachsens
gingen vornehmlich zulasten der Sozialkassen.
Die politischen Reaktionen erschöpfen sich vornehmlich in
Flickschusterei und wohlfeilem Aktionismus. Auf der einen Seite
verabschiedet die Regierung eine milliardenschwere Kürzung der
Überweisungen für Langzeitarbeitslose an die Rentenkasse. Auf der
anderen Seite muss sie den Rentenbeitrag auch deshalb im kommenden
Jahr von 19,5 auf 19,9 Prozent erhöhen. Und als Zuckerbrot legt man
sich darauf fest, dass die Altersbezüge bis 2009 nicht nominal sinken
dürfen, obwohl sie es wegen der dürftigen Lohnentwicklung jetzt schon
müssten. Immerhin hat Schwarz-Rot den Mut zur langfristigen
Einführung der Rente mit 67 aufgebracht. Aber selbst dieser Schwenk
setzt eher an den Symptomen an. Die zunehmende Alterung unserer
Gesellschaft ist nicht in erster Linie der längeren Lebenserwartung
geschuldet, sondern einer erschreckend niedrigen Geburtenzahl. Nur
Kinder können die Renten retten.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau