Thüringische Landeszeitung: Die Pöstchen-Koalition
Archivmeldung vom 23.10.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenigstens wissen wir nach der Konstituierenden Sitzung des 18. Deutschen Bundestages, was die SPD laut ihrem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier unter Augenhöhe zur CDU versteht: Genauso viele Pöstchen wie die Union. Diese Begründung für einen völlig überflüssigen, zweiten SPD-Bundestags-Vizepräsidenten ist offenherzig unverfroren. Man kann nur hoffen, dass solche Pöstchen-Huberei kein Vorgeschmack auf die sich formende Große Koalition ist.
Dass sich der als Parlamentspräsident wiedergewählte und sich gern gegen Politikverdrossenheit stemmende CDU-Politiker Norbert Lammert sich der Pöstchen-Vermehrung nicht widersetzte zeigt erneut: Die Union ist bereit ein teures Rezept auszuschreiben, wenn die SPD mit ihrem Augenhöhen-Komplex droht. Wenn sie schlau gewesen wäre, hätte die Union auch auf ihren ihr zustehenden zweiten Vize-Präsidentenstuhl verzichtet, anstatt der SPD gegen den Protest der Opposition auch noch einen zuzuschustern.
Der Opposition kann es nur recht sein, wenn SPD und CDU sich vor den Bürgern als Posten-Geier präsentieren und sich selbst in schiefes Licht rücken. Denn ihre Minderheitsrechte im Parlament sind ziemlich gerupft. Schon jetzt ist sicher, wenn SPD und Union keine Verfassungsänderung für stärkere Recht einer kleinen Opposition mittragen, wird das Verfassungsgericht entscheiden müssen. Hier haben Linke und Grüne ihr erstes Spielfeld gefunden.
Noch eine Erkenntnis brachte die Konstituierende Sitzung: Die Position des Oppositionsführers, der die grünen Mit-Opponenten rhetorisch weit in den Schatten spielt, riss Linke-Fraktionschef Gregor Gysi umgehend an sich. Er wird in den kommenden Jahren in der Rolle aufblühen.
Quelle: Thüringische Landeszeitung (ots)