Börsen-Zeitung: Condor dreht Warteschleife
Archivmeldung vom 25.06.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie wirtschaftliche Logik des Zusammenschlusses von Condor mit Air Berlin wird nicht erst seit gestern in Frage gestellt. Seit gestern aber sind die Zweifel sozusagen offiziell. Sowohl Manny Fontenla-Novoa, Chef der Touristikgruppe Thomas Cook, als auch Air-Berlin-Vormann Joachim Hunold stellten öffentlich die Sinnfrage.
Zwar betonen beide, dass noch nichts entschieden sei. Doch allein die Aussage des Cook-Chefs, gezielt nach Alternativen zu suchen, spricht Bände. Der im vergangenen September verabredete Deal ging von Rahmenbedingungen aus, die mit der heutigen Realität nichts mehr gemein haben. Folglich muss die Transaktion abgeblasen werden, auch wenn das heute niemand so deutlich auszusprechen wagt.
Falsch eingeschätzt wurde zunächst das Verhalten des Bundeskartellamts, das die Genehmigungsfrist mehrfach verlängerte und neuerdings am 9. Oktober, ein Jahr nach Einreichen des Genehmigungsantrags, entscheiden will.
Als nächstes grätschten Tui Travel und Germanwings mit der Ankündigung von Fusionsabsichten dazwischen. Der geplante Zusammenschluss, auch wenn er vorerst nicht mehr als eine Absichtserklärung ist, dürfte das kartellrechtliche Verfahren zumindest nicht beschleunigt haben.
Zudem haben sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gewaltig verändert. Der Ölpreis ist förmlich explodiert und setzt die Airline-Industrie weltweit unter Druck. Besonders hart ist davon Air Berlin getroffen, mit der unschönen Folge, dass die im vergangenen September vereinbarten finanziellen Details mit den heutigen Gegebenheiten nichts mehr gemein haben. Verabredet war eine kombinierte Aktien-/Cash-Transaktion, die einerseits die Liquidität von Air Berlin nicht vollständig austrocknen lässt und andererseits die Beteiligung von Thomas Cook an der Hunold-Airline unter der 30-%-Schwelle hält. Würde sie überschritten, müsste Thomas Cook den anderen Air-Berlin-Aktionären eine Pflichtofferte unterbreiten - das genaue Gegenteil also der verkündeten Asset-Light-Doktrin von Thomas Cook.
Da die Air-Berlin-Aktie heute jedoch nicht einmal mehr ein Drittel soviel wert ist wie im September 2007 und die Berliner die Cash-Komponente nicht erhöhen können, bleibt Condor bis auf weiteres Teil von Thomas Cook.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Annette Becker)