Rheinische Post: Präsidenten-Größe
Archivmeldung vom 03.07.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlWenn der Bundespräsident ruppig als "Besserwisser" beschimpft wird, zeugt das von einer unterentwickelten Achtung vor dem Staatsoberhaupt. Doch die Musterschüler-Manier, mit der jetzt FDP-Chef Westerwelle forderte, Kanzlerin Merkel müsse Horst Köhler vor Attacken aus der SPD in Schutz nehmen, dient dem vorgegebenen Anliegen auch nicht unbedingt.
Gerade, wenn man den Rang des
Staatsoberhauptes für unstreitig hält, kann man billige Kommentare
auch dadurch entwerten, dass man sie ignoriert. Oder man kann sie -
wie es CDU-Chefin Merkel mit ihrem Generalsekretär getan hat - von
der Nr. 2 als schlechten Stil ächten lassen.
Dabei wählt Westerwelle bei seiner Merkel-Kritik eine verräterische
Parallele: Schröder hätte unziemliche Kritik aus dem bürgerlichen
Lager an Johannes Rau nie hingenommen, klagt Westerwelle. Das mag
stimmen. Nur schimmert hier die Vorstellung durch, es gäbe so etwas
wie einen Präsidenten für Sozialdemokraten und einen für Bürgerliche
und der jeweilige Regierungschef sei dann für die Verteidigung
zuständig. Dein Präsident, mein Präsident? Ein Blick ins Grundgesetz
belehrt: Der Präsident ist für alle da. Pflicht-Rituale der
Präsidenten-Verteidigung nutzen nicht etwa seiner Größe, sondern
schaden ihr.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post