Rheinische Post: Streikland Deutschland
Archivmeldung vom 04.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Deutschen entdecken den Streik. Belegte Deutschland früher statistisch regelmäßig den letzten Platz, braucht es sich heute vor den streikfreudigen Italienern nicht mehr zu verstecken. Metaller, Groß- und Einzelhandel, Telekom, Bau und jetzt die Bahn kaum eine Branche ist vor der neuen Streiklust der Deutschen sicher.
Und auch das ist neu: Die Streikenden finden erstmals die
Sympathien der Bürger. Wer so viel Verantwortung trägt wie ein
Lokführer, muss mehr als 1500 Euro netto im Monat verdienen. Das
kommt an. Mit entsprechender Gelassenheit nahmen die Bahnbenutzer die
Ausfälle und die Autofahrer die in den Ferien ungewohnten Staus hin.
Außer Blick gerät, dass der Streik immer ultima ratio, also das
letzte Mittel zur Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen sein
sollte. Volkswirtschaftlich richten die Arbeitsniederlegungen enormen
Schaden an. Wenn die Ärzte streiken, kommt die ethische Dimension
hinzu.
Auch ökonomisch bringen Streiks wenig. Letztlich setzen die Gewerkschaften damit kaum mehr durch als mit reinen Verhandlungen. Im Fall der Telekom hat Verdi sogar eine deftige Niederlage erlebt. Und die Metaller können dank der Uneinigkeit im Arbeitgeberlager ohnehin den Abschluss diktieren. Aber Streiks sind offenbar auch ein wichtiges Symbol.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post