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Ein explosives Gemisch...

Archivmeldung vom 22.11.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.11.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das griechische Sozialsystem steht vor dem Kollaps. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). Die Rücklagen der Rentenversicherer sanken in den vergangenen Jahren dramatisch ab. Insgesamt reduzierten sie sich um 21,5 Milliarden Euro in nur fünf Jahren. Zeitgleich aber erreichen immer mehr Griechen das Renteneintrittsalter. Die Ersteller der Studie gehen davon aus, dass das griechische Rentensystem ab 2016 zusammenbricht und bis zum Jahr 2050 mehr als eine Billion Euro fehlen wird – rund das Sechsfache des griechischen Bruttoinlandsprodukts.

Ursächlich hierfür sind neben der rapide zunehmenden Alterung der griechischen Gesellschaft natürlich die Wirtschaftskrise: Es fehlt an Nachwuchs in vernünftig bezahlten Beschäftigungsverhältnissen, der in die Rentenkassen einzahlen könnte. Der kommende Kollaps der griechischen Sozialsysteme ist mitnichten alleiniges Problem der griechischen Rentner. Denn wenn die Sozialkassen kollabieren, müsste der griechische Staat den seit Jahren verzögerten und verschleppten Bankrott doch noch verkünden. Dann aber würde auch das Pyramidenspiel, welches die EU mit ihren Rettungsschirmen und Garantien aufgebaut hat, kollabieren – die Deutschen würden dann die Rechnung präsentiert bekommen und ganz erstaunt feststellen, dass die Dauerrettung von maroden Staaten richtig teuer ist. Es wäre das berühmte Ende mit Schrecken.

Aber genau dies wird seit Jahren mit immer höherem Einsatz verhindert. Insofern steht zu erwarten, dass auch dieses Mal Brüssel, Berlin und die EZB den Bankrott nicht zulassen werden. Stattdessen wird versucht werden, neben dem griechischen Staat auch noch das hellenische Sozialsystem mittels Transferzahlungen und Hilfsgeldern am Leben zu erhalten – alternativlos.

Aber leider ist Griechenland kein Einzelfall. Das Korsett der europäischen Gemeinschaftswährung verschärft überall die ohnehin schon bestehende Rentenproblematik. Gerade im Süden altert die Gesellschaft extrem schnell – Italien wird bereits in wenigen Jahren den fragwürdigen Titel „ältestes Land Europas“ erringen. In Spanien und Portugal sieht es ähnlich aus. Zeitgleich fehlen gerade diesen Ländern aufgrund der durch den Euro ausgelösten Wirtschaftskrise die jungen Beitragszahler – kein Wunder, liegen die Jugendarbeitslosenquoten schließlich bei 50% und darüber. Wer von den Jungen kann, verlässt diese Länder. Hierdurch verschärft sich die Situation mittelfristig noch einmal. Über die Altersarmut, die den Zurückgebliebenen jener Generation bevorsteht, will man gar nicht nachdenken müssen. Doch wer soll derart gewaltige Transferleistungen stemmen können? Schließlich besteht die Problematik überall. Gewiss, ganz gleich ob Spanien, Griechenland, Italien oder auch Frankreich, überall schielen die Regierungen begehrlich auf das vermeintlich reiche Deutschland. Nur kann Deutschland nicht die Sozialsysteme der EU-Mitglieder retten, es ist ja bereits mit seinem eigenen völlig überfordert.

Den ausgeglichenen Haushalt verdanken wir der finanziellen Repression, bei der die Zentralbanken den Zins künstlich niedrig halten. Lägen die Zinsen für deutsche Staatsanleihen auf dem Niveau der langjährigen Durchschnitte, wäre ein ausgeglichener Haushalt ein unerreichbarer Traum. Die Neuverschuldung beliefe sich auf wenigstens 30 Milliarden Euro.

Durch den künstlich niedrigen Zins aber werden zeitgleich alle Bemühungen der Bürger, privat für ihr Alter vorzusorgen, ad absurdum geführt. Bei negativen Realzinsen ist private Altersvorsorge schlicht und ergreifend nicht möglich. Dass sich an dieser Situation grundlegend etwas ändern wird, steht nicht erwarten, denn eine Rückkehr zu einen vernünftigen oder gar einigermaßen natürlichen Zinsniveau (also einem durch den Markt entstehenden Zins) würde den sofortigen Staatsbankrott zahlreicher Staaten der Eurozone zur Folge haben.

Die Bundesregierung allerdings ficht dies alles offenbar nicht an. Ja, es hat den Anschein, als würde sie diesen gesellschaftlichen Sprengstoff gar nicht wahrnehmen. Damit führt sie zwar die schöne Tradition ihrer Vorgänger fort, denn das Rentenproblem zeichnete sich auch für Deutschland bereits seit den 1970er Jahren deutlich ab, aber die Bewahrung der Tradition löst keine Probleme, schon gar nicht, wenn sie immer drängender werden.

Zumal die aktuelle rosige Wirtschaftssituation insbesondere die SPD dazu verleitet hat, großartige Geschenke zu verteilen. Die (älteren) Bürger freuen sich natürlich über die Großzügigkeit der Politik (gegen die sich die jüngeren nicht wehren) – der unerwartete hohe Zuspruch zur abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren treibt deren Kosten. In den kommenden Jahren dürften jährlich wenigstens 300.000 Menschen anspruchsberechtigt sein. Bereits im nächsten Jahr werden sich die Kosten hierfür auf 3 Milliarden Euro belaufen und damit mehr also doppelt so hoch sein, wie ursprünglich einkalkuliert.

Damit ist auch klar, dass die Reduzierung der Rentenbeitragszahlungen nur von kurzer Dauer sein wird. Bereits ab 2018 werden die Beiträge wieder steigen und zwar kräftig. Für eine ordentliche Rente wird es aber dennoch nicht ausreichen. Wer heute ein durchschnittliches Einkommen bezieht, der darf am Ende seiner Beitragszeit auf eine Rente hoffen, die gerade einmal auf Hartz IV-Niveau liegt. Die Kaufkraftverluste sind da noch nicht einmal mit einberechnet.

Angesichts dieser Ausgangslage kommt einem unwillkürlich der unselige Spruch eines noch viel unseligeren Bundesarbeits- und -sozialministers in den Sinn. Der Schrecken wird nicht endlos währen, aber je länger er anhält, desto größer wird der Knall am Ende: Das explosive Gemisch aus Finanz- und Eurokrise, eingebildetem Zwang zur Solidarität mit allen EU-Mitgliedsstaaten, der rasch voranschreitenden Überalterung der Gesellschaft sowie dem finanzpolitischen Euro-Korsett wird uns in absehbarer Zeit um die Ohren fliegen und das Fundament unserer Gesellschaft zerstören – das ist sicher. Die Renten hingegen sind es nicht...

Quelle: Freitagsgedanken, von Dagmar Metzger, Steffen Schäfer und Christian Bayer, Liberale Vereinigung

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