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Autobauer im Dilemma

Archivmeldung vom 22.06.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Der geplante Abschied bei Audi vom Verbrennungsmotor in der zweiten Hälfte dieser Dekade und Daimlers jüngste Ankündigung, ihre langfristigen Klimaziele viel früher erreichen zu wollen, gleichen einem Beben in der deutschen Autoindustrie. Das heißt, dass in Ingolstadt und Stuttgart der Übergang von Fahrzeugen mit Benzin- und Dieselmotoren einschließlich Hybriden zu reinen batteriegetriebenen Autos in absehbarer Zukunft konsequenter vonstatten geht als ursprünglich gedacht.

Statt seinen Kollegen bei Audi (Markus Duesmann) und Daimler (Ola Källenius) zu folgen, gibt sich BMW-Vorstandschef Oliver Zipse derweil trotzig. Er hält an seinem Konzept fest, mehrgleisig zu fahren. Das heißt, der Münchner Hersteller will weiterhin Autos mit allen Antriebsvarianten anbieten. Sein Argument: BMW folgt der Nachfrage, die aus Sicht der Konzernführung im Übergang zur Elektromobilität vielschichtiger bleibt, als mancher glauben mag. Er plädiert für "Technologieoffenheit".

Letzteres war nach außen auch der verbliebene gemeinsamen Nenner mit Volkswagen-Chef Herbert Diess, nachdem beide Konzerne einen "Richtungsstreit" beim Thema E-Autos öffentlich ausgetragen hatten. Aber in der Politik beziehungsweise in der Lobbyarbeit ist das so eine Sache. In der Elektromobilität gibt nicht der Käufer bzw. der Kunde den Takt vor, sondern der Regulator. Im Fall Europas ist es die EU-Kommission. Das zeigte sich unlängst vorige Woche, als Brüssel mit einem Testballon beim Branchen-Dachverband VDA für Aufregung sorgte: Angesicht des Klimawandels plant die Gemeinschaft noch strengere Flottengrenzwerte für die Abgasemissionen. Aus Sicht der Berliner Interessenvertreter bedeutet das den Todesstoß für den Verbrenner (vgl. BZ vom 18. Juni).

Wie auch immer man das bewerten mag, Fakt ist, dass sich die Autoindustrie auf den damit verbundenen Strukturwandel noch schärfer wird einstellen müssen. Davon zeugt der Umbau des Produktions- und Zuliefernetzes. Der politische Druck von außen beschleunigt das. Sollten die Grünen nach der Bundestagswahl Regierungsverantwortung übernehmen, wird dieser Prozess an Tempo gewinnen.

Doch die Branche steckt in einem Dilemma. Denn bisher war es die Strategie, den Übergang zum E-Zeitalter mit dem Verkauf teurer Modelle mit herkömmlichen Motoren zu finanzieren. Das funktioniert so nicht mehr. Ein radikaler Schritt, wie er Duesmann vorschwebt, impliziert Einschnitte, die die Vorzeigeindustrie der deutschen Wirtschaft bislang nicht kannte.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Stefan Kroneck

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