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Südwest Presse: Kommentar zur CSU

Archivmeldung vom 03.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wäre der Begriff "Bayernpartei" nicht historisch belegt, es gäbe keine bessere Beschreibung für die CSU. Der Freistaat und die christsoziale Partei, das sind zwei Seiten einer Medaille. Doch das weiß-blaue Monopol bröckelt. Wird über kurz oder lang die letzte der vermeintlich fest von einer Partei beherrschten Bastionen in den Bundesländern geschliffen, nachdem 2005 bereits die jahrzehntelange SPD-Hoheit an Rhein und Ruhr ein Ende fand?

Ausgeschlossen ist das nicht mehr, und schon diese Feststellung mutet an wie ein Rütteln am Königsthron. Die bei der Kommunalwahl erneut erstarkten Freien Wähler, sogar die im Freistaat notorisch schwache FDP und - man glaubt es kaum - auch die Linke haben Umfragen zufolge Chancen, im September in den Landtag einzuziehen und rüsten entsprechend motiviert für den Wahlkampf. Setzt die CSU die jämmerliche Vorstellung, die sie in den vergangenen Monaten abgeliefert hat, noch eine Weile fort, dann hat ihre Misere alle Chancen, unmittelbar vor der Wahl zum politischen Hit des Sommerlochs zu werden. Von den 60,7 Prozent, die 2003 mit dem Spitzenkandidaten Edmund Stoiber noch eingefahren wurden, können Erwin Huber und Günther Beckstein jedenfalls nur träumen. Stoibers knappes Scheitern als Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl 2002, sein kläglicher Rückzug vom anvisierten Ministeramt im Kabinett Merkel 2005 und seine wenig würdige Entmachtung im vergangenen Jahr waren erste Wegmarken des Verfalls der uneingeschränkten CSU-Hoheit im Bayernland. Doch ungeachtet der schwierigen Ausgangslage hat das aktuelle Tief viel mit dem Schleuderkurs zu tun, den das im vergangenen Herbst in den Sattel gehobene Tandem Huber/Beckstein seither vorführt. Das von Stoiber noch an seinen letzten Amtstagen mit Macht aufs Gleis geschobene Transrapidprojekt war falsch und überflüssig - aber so kläglich wie soeben geschehen hat sich die CSU noch nie von einem einmal für richtig befundenen Ziel verabschiedet. Hätte ein Franz Josef Strauß einst angesichts der geballten Kritik am von ihm eingefädelten Milliardenkredit für die DDR solche Nachgiebigkeit gezeigt, selbst seine in Bayern schier unantastbare Autorität hätte gelitten. Welchen Reim aber sollen sich die an eine handfest-bajuwarische Mir-san-mir-Mentalität ihrer Partei gewohnten CSU-Anhänger machen, wenn ihr Vormann Erwin Huber am einen Tag nach der Wiedereinführung der Pendlerpauschale ruft, am anderen dann schon in der Zeitung steht, dass ihm die Bundeskanzlerin und Chefin der Schwesterpartei "eine Abfuhr erteilt"? Wenn das martialische Auftreten von ein paar Dutzend Festwirten ausreicht, das gerade im Landtag durchgesetzte Raucherschutzgesetz aufzuweichen? Wenn zwischen Regensburg und Garmisch etliche lokale, parteiinterne Feuer lodern, ohne dass in der Zentrale eine Autorität zum Löschen erkennbar wird? Mit dem nicht durchgesetzten Transrapid, dem verwässerten Rauchverbot, hektischen Nachbesserungsversuchen in der Schulpolitik oder dem noch von Stoiber auf den Weg gebrachten Zukunftsprogramm 2020 werden Huber und Beckstein im Landtagswahlkampf kaum punkten können. Eine eigene, unverwechselbare Idee aber geht dem Gespann bisher völlig ab. Dem angekündigten Versprechen von Steuererleichterungen für die breite Masse könnte ein ähnliches Schicksal blühen wie dem Pendlerpauschale-Vorstoß. Bleibt die Aussicht, dass sich die Christsozialen in der Strahlkraft der Kanzlerin und des zuvorderst ihrer Regierung zugeschriebenen Aufschwungs sonnen. Da wird es nicht nur gestandene Lederhosen- und Gamsbartträger schaudern im Voralpenland.

Quelle: Südwest Presse

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