Lausitzer Rundschau: Moderne Hexenjagd
Archivmeldung vom 27.04.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Jagd nach dem Attentäter von Boston hat sich in bislang beispielloser Weise in das Internet übertragen. Über Facebook, Twitter und Reddit haben Tausende Menschen Hinweise weitergegeben, Fotos gepostet, Funksprüche der Einsatzkräfte weitergegeben. Die Polizei ist aufgesprungen und hat die Omnipräsenz der Social Networks sehr gezielt für sich genutzt. Menschen rund um den Globus hatten einen Live-Zugang zur Menschenjagd. Diese Unmittelbarkeit hat gezeigt, wie schnell und wie einfach es ist, ins Zeitalter von Hexenjagden zurückzugleiten. Eine Jagd auch auf Unschuldige.
Einer von ihnen - Sunil Tripathi - ist jetzt tot aufgefunden worden. Ob das mit der Jagd auf ihn zu tun hat, steht noch nicht fest. Doch man fühlt sich wie in einer Science-Fiction-Welt, bei der die Realität einer Menschenjagd und die Fiktion eines Computerspiels ineinanderfließen. Es wäre aber zu einfach, die Ursache alleine dem Internet zuzuschieben. Schließlich sind es Menschen, die vor dem Computer sitzen - und die entscheiden können, wie sie sich verhalten. Die Vorfälle zwingen uns zur Auseinandersetzung mit der Frage: Wie wollen wir reagieren? Welche Regeln wollen wir uns geben? Sie zeigen eindringlich: Medienkompetenz ist nicht angeboren, sie muss erlernt werden.
Quelle: Lausitzer Rundschau (ots)