Lausitzer Rundschau: Die USA und der Krieg im Irak: Der Schatten von Vietnam
Archivmeldung vom 23.10.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEndlich hat US-Präsident George W. Bush jenes Tabu-Wort auch sagen müssen, das seit Monaten wie eine düstere Wolke über den Debatten um den Irak-Krieg hängt: Vietnam, was gleichbedeutend mit Niederlage, mit einem nationalen Trauma der Supermacht ist.
Bush, der die offenkundigen Parallelen dann auch
gleich wieder weg zu reden versuchte, nähert sich allmählich der
Strategie seines aus dem Amte gejagten republikanischen
Amtsvorgängers Richard Nixon an. Er sucht nach einem Weg aus dem
Desaster, ohne völlig das Gesicht zu verlieren. Seine Visionen vom
Sieg dessen, was er unter Demokratie versteht, sind Vergangenheit.
Zu offenkundig ist inzwischen das Scheitern der USA im Zweistromland,
als dass es noch länger vernebelt werden könnte. Und zu offenkundig
erinnert es auch an das missglückte Abenteuer im Dschungel
Südostasiens. Die US-Armee kann den Irak nicht selbst befrieden. Der
Versuch, die Aufgabe einheimischen Streitkräften zu übertragen,
misslingt. Die Zahl der toten amerikanischen Soldaten steigt wieder
an und das irakische Volk bezahlt einen unerträglich hohen Preis für
die verfehlte Strategie. Das alles erinnert tatsächlich an die
Situation in Vietnam zu Beginn der siebziger Jahre, als die
Amerikaner ihren Kreuzzug begannen. Heute allerdings wissen wir, dass
all die Schreckensgemälde von der totalen kommunistischen
Machtübernahme in der Region falsch waren. Es hat den Machthabern in
Hanoi auf Dauer wenig genützt, dass sie die USA besiegten. Sicher, es
gab das schreckliche Blutbad der Roten Khmer in Kambodscha und die
Flüchtlingsflut.
Der Irak ohne die USA wird einen ähnlichen und doch wieder anderen
Weg gehen. Er wird zumindest in großen Teilen zum Spielball der
Mullahs in Teheran werden. Der kurdische Norden wird seinen eigenen
Weg gehen. Aber all dies wird, wie damals in Vietnam, nicht zu einem
Dammbruch führen, der den Frieden in der Welt unmittelbar bedroht.
Was droht, ist eine einschneidende Kurskorrektur der US-Politik. Die
aber braucht die Welt am wenigsten zu fürchten.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau