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WAZ: Ein Schuljahr der Unruhe

Archivmeldung vom 24.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jeder vierte Schüler hat Angst vor einem schlechten Zeugnis, sagen die Schulpsychologen. Und unter Gymnasiasten hat jeder Dritte Bauchschmerzen vor den Noten. Bauchschmerzen dürften (und sollten) auch all' jene plagen, die für das Durcheinander an den Schulen zuständig sind.

Zu vieles war gut gemeint und ging gründlich schief. Brachte erneut Schüler, Eltern und Lehrer auf gegen "die da oben" im Raumschiff Düsseldorf. Ein entspannter Ferienstart im Schulministerium sieht anders aus.

Zu viele Hausaufgaben sind unerledigt und werden ab August für neuen Streit sorgen. Stichwort Kopfnoten: Eben eingeführt, ist die Teilabschaffung schon beschlossen. Dass die Kirchen sich weigern, persönliche Eigenschaften junger Leute mit einer Ziffer zu bewerten, wirkt. Kirchliche Schulen müssen nun doch nicht mit Sanktionen rechnen, knickte die Landesregierung ein. Alle übrigen Schulen dringen nun mit Recht auf Gleichbehandlung.

Stichwort Hauptschule: Ihre Tage sind gezählt, weil (auch) Eltern in ihr keine Zukunft mehr sehen. Fakt ist: Jeder zweite Hauptschüler ist ein Jahr nach dem Abschluss ohne Arbeit, ohne Ausbildungsplatz. So steuern viele auf ein Leben mit Hartz IV zu. Wer dies weiterhin als zumutbare Lebensperspektive verkauft, handelt zynisch und unverantwortlich. Die FDP stellt sich dieser Realität bereits, die CDU-Basis in den Kommunen fordert mit Nachdruck zukunftssichere Bildungsstätten vor Ort. Die CDU-Spitze wird darauf reagieren. Offen ist: Wann? Und wie wahrt sie ihr Gesicht?

Bei der großen Oberstufen-Reform ist das geglückt. Die wurde nonchalant entsorgt - vor der Landtagswahl 2010 mochte man Eltern und Lehrer an den Gymnasien nicht schon wieder auf die Palme bringen. Noch ist das Abitur in acht Jahren nicht geglückt.

Das Schulgesetz abändern muss die Landesregierung bei der Wahl der Schulleiter: Seit "Probezeiten" für Spitzenbeamte von zehn Jahren höchstrichterlich gekippt sind, ist das NRW-Recht Makulatur.

Folgen haben muss der Kommunikations-Gau im Zentralabitur. Ignorieren, Abstreiten, Verantwortung abwälzen lautete die Parole der Schulministerin nach offensichtlichen Fehlern in den Mathe-Klausuren. Erst nach Wochen zog der Landesvater die Reißleine - zu spät für die meisten jungen Leute. So verspielt man Vertrauen.

Deutschland soll Bildungsrepublik werden, sagt die Kanzlerin in Berlin. Auf NRW darf sie vorerst nicht zählen.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Sigrid Krause)

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