Rheinische Post: Gespaltenes Belgien
Archivmeldung vom 03.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBelgien galt lange als Paradebeispiel, wie sich Konflikte und Spannungen zwischen Volksgruppen lösen lassen. Nun entpuppt sich der viel gepriesene Königsweg als Sackgasse. Seit fast sechs Monaten ist der Staat ohne Regierung - wegen tiefer Gräben zwischen frankophonen Wallonen und Niederländisch sprechenden Flamen.
Während Europa zusammenwächst, strebt Belgien auseinander. Die
Regionen ziehen immer mehr Kompetenzen an sich und sind von
Nationalstaaten kaum zu unterscheiden. Die reicheren Flamen fühlen
sich in ihrer Entwicklung von den ärmeren Wallonen gehemmt. Sie sind
es satt, Landsleute mit Millionen zu unterstützen. Auf engstem Raum
haben sich zwischen Nordsee und Ardennen zwei getrennte Welten
entwickelt: mit eigenen Institutionen, Parteien, Theatern,
Fernsehsendern und Zeitungen. Zwar gibt es noch eine belgische
Zentral-Regierung, aber kaum noch eine gemeinsame Gesellschaft.
Es ist Zeit, dass Europa den belgischen Politikern ins Gewissen redet
- im eigenen Interesse: Denn wie will die EU stark und einig
auftreten, wenn schon die Flieh-Kräfte im Inneren eines
Gründerstaates nicht mehr zu bändigen sind? Und: Brüssel ist
Hauptstadt der Gemeinschaft.
Quelle: Rheinische Post (von Anja Ingenrieth)