LVZ: zu Tempolimit Abseits der Autobahn
Archivmeldung vom 27.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen? Das gibt es doch längst - meinen viele und klagen über den ständig dichteren Verkehr, der den rechten Fuß immer öfter vom Gas auf die Bremse zwingt.
Einige nennen zudem schon eine konkrete Zahl für die Obergrenze - und verweisen auf die 250-Kilometer-pro-Stunde-Marke, bei der der Großteil der deutschen Hersteller seinen Modellen elektronisch Einhalt gebietet. Das Thema Geschwindigkeitsbegrenzung bietet reichlich Potenzial für Polemik, vor allem und gerade im Autofahrerland Deutschland. Doch wenn das Aus fürs freie Fahren auf dem knapp 12400 Kilometer langen Netz in immer kürzer werdenden Abständen in den Fokus gedrängt wird, geht es in erster Linie ums Faktische - die Verkehrssicherheit liefert dabei das alteingesessene Argument, der Klimaschutz dagegen ist ein relativer Neuling. Die Autobahnen sind die sichersten Strecken in der Bundesrepublik - wenn der Blick allein den offiziellen Zahlen gilt: Im vergangenen Jahr sind hier zu Lande 4970 Menschen im Verkehrsgeschehen gestorben: Etwa 60 Prozent von ihnen auf Landstraßen, 27 Prozent innerorts - und 13 Prozent von der A 1 Lübeck-Köln bis zur A 995 imMünchner Süden.Und das, obwohl auf zwei Dritteln des Fernmagistralennetzes keine 80-, 100- oder 120-Schilder zum Maßhalten auffordern. Sicheres Unterwegssein auf Autobahnen ist natürlich auch eine Frage einer angemessenen Geschwindigkeit - für einen selbst ebenso wie für die Fahrzeuglenker vor und hinter dem eigenen Wagen. Doch eben nicht nur: So hat die Bundesanstalt für Straßenwesen gestern informiert, dass sich auf den Autobahnen 98 Prozent der Insassen anschnallen, abseits dagegen nur 95 Prozent. Fraglich ist, ob das EU-Ziel, bis 2010 in jeder Mitgliedsnation halb so viele Unfalltote wie 2000 zu erreichen - damals starben inDeutschland 7503 Personen -, zuvorderst über ein allgemeines Autobahn-Limit umsetzbar ist. Unbestritten ist, dass die A-Verbindungen den überwiegenden Teil des automobilen Fernverkehrs schultern. Ein klares Minus bei der Vermeidung umweltschädlicher Gase. Allerdings: Verglichen mit dem gesamten Netz der überörtlichen Straßen von Flensburg bis zur Zugspitze (231000 Kilometer) machen die Schnellstraßen mit der tiefblauen Beschilderung gerade einmal etwas mehr als fünf Prozent aus. Heftig debattiert wird der Anteil des Kohlendioxids, den 120 Kilometer pro Stunde aus der Klimabilanz tilgen würden. EinProzent, neun oder gar 30? Gegner und Befürworter haben die ihnen genehmen Zahlen im Köcher. Alles in allem sind Transport und Verkehr für 26 Prozent aller Treibhaus-Gase in Deutschland direkt verantwortlich. Keine Frage, über 200 Kilometer pro Stunde sind weder notwendig noch ein sonderlich guter Beitrag zum Umweltschutz. Doch die Realität auf den Autobahnen ist ohnehin eine sehr viel andere - vor allem eine sehr viel langsamere.
Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Martin Wachtelborn)