Schwäbische Zeitung: Vermittlung tut Not - Ein Kommentar zur Chance in Katalonien
Archivmeldung vom 05.10.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie Krise in Katalonien droht außer Kontrolle zu geraten: Die Spannungen zwischen der unabhängigen katalonischen Regierung in Barcelona und der spanischen Zentralregierung in Madrid werden immer größer. Und es sieht derzeit nicht danach aus, als ob die Zentralregierung nachgeben wollte.
Auch das Machtwort von Spaniens König Felipe wird daran wenig ändern: Die Katalonen werden sich dadurch nicht aufhalten lassen. Schon die letzten Tage zeigten, wohin die engstirnige und undemokratische Linie der Zentralregierung führt: Erst stürmten Knüppelkommandos der spanischen Polizei Wahllokale, um mit Gewalt das legal Unabhängigkeitsreferendum zu unterbinden. Ein von Spaniens Regierung angeordneter Irrsinn, der die Welt empörte - und zu dem Felipe leider kein Wort verlor.
Katalonien, wo der Konflikt jahrelang nur auf niedriger Flamme kochte, hat sich über Nacht in ein Pulverfass verwandelt. Das ist alles ist allerdings eine chancenreiche Entwicklung. Nicht nur für Spanien, sondern für ganz Europa. Die Katalonien-Krise könnte sich bald zu einer föderalen, basisdemokratischen und regionalisierten Bewegung ausweiten. Andere spanische Regionen wie das Baskenland, Valencia und sogar die Balearen sehen sich bereits beflügelt.
Ein Grund mehr, um schleunigst nach einer Lösung für Katalonien zu suchen. Angesichts der Kompromisslosigkeit der spanischen Zentralregierung ist es keine schlechte Idee, nach einer neutralen Vermittlerkommission Ausschau zu halten - vielleicht sogar unter Schirmherrschaft der EU, auch wenn die Kommission sich bislang sperrt.
Wie eine Vermittlungslösung aussehen könnte? Der Wille der Menschen ist auf jeden Fall zu wahren.
Quelle: Schwäbische Zeitung (ots) / André Ott