WAZ: Obama siegt in Wyoming
Archivmeldung vom 10.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBarack Obama gewinnt die Vorwahlen im Bundesstaat Wyoming - doch viel ist das Comeback im Cowboy-Staat nicht wert. Nur zwölf von über 4000 Delegiertenstimmen standen hier auf dem Spiel. Obamas Vorsprung bleibt also praktisch unverändert; die ganze verfahrene Lage bleibt es auch. Denn keiner der beiden Kandidaten hat jetzt noch eine realistische Chance, die Nominierung der Partei allein durch die Siege in den Vorwahlen zu erringen.
Mehr als 20 Prozent der Parteitagsdelegierten, die im Spätsommer
den Kandidaten wählen, gehen gar nicht aus den "Primaries" hervor,
sondern stammen aus dem Establishment der Demokratischen Partei. Sie
haben per se Stimmrecht und sind an die Ergebnisse der Vorwahlen
nicht gebunden. Diese Delegierten werden die dramatische Entscheidung
treffen, mit wem die Partei ins Rennen geht.
Doch genau das ist das Problem: Die Partei weiß nicht, was sie
will, sie ist unentschieden, wankelmütig und ängstlich. Soll man
Obama die Kandidatur geben, weil er es geschafft hat, massenhaft neue
Wähler und Wahlkampfspender zu gewinnen und weil er bei den jungen
Leuten so gut ankommt? Oder soll man doch lieber auf Clinton setzen,
die immer noch die Arbeiter und Gewerkschafter hinter sich hat, auf
die es bei dieser Wahl in der Wirtschaftskrise vielleicht besonders
ankommt?
Die Aussicht, dass dieser Zweikamf am Ende politisch durch die
Partei entschieden wird, ist eine beunruhigende Perspektive. Denn
mögen sich auch die Anhänger von Hillary Clinton notfalls damit
abfinden können, verloren zu haben, für die Anhänger Obamas gilt das
sicher nicht. Jugendliche, Studenten und vor allem die schwarzen
Amerikaner wären verbittert, wenn man Hillary Clinton das Feld
überlassen würde, obwohl doch Obama in den "Primaries" erfolgreicher
war. Die Partei könnte gar keine verstörendere Botschaft schicken als
ein solches Misstrauensvotum gegen Obama.
Aber genau darum geht es: um Vertrauen und Misstrauen. Traut man
Obama den Wahlsieg zu? Traut man Obama zu, ein guter Präsident zu
werden? Misstraut man den eigenen Landsleuten, ob sie am Ende doch
davor zurückschrecken, einen Schwarzen zum Präsidenten zu wählen?
Zwischenzeitlich schienen all diese Fragen schon einmal beantwortet.
Aber seit sich der Zweikampf zwischen Obama und Hillary Clinton
zugespitzt hat und das Unentschieden am Ende der Vorwahlen absehbar
ist, wird hinter vorgehaltener Hand noch einmal ganz neu diskutiert.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung