WAZ: Sanierungsbedürftige Bäder
Archivmeldung vom 13.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer öffentliche Armut besonders drastisch erleben möchte, sollte sich den Besuch eines alten städtischen Schwimmbades gönnen. Da tröpfelt und müffelt es gewaltig. Das Ambiente in 30, 40 oder 50 Jahre alten Bädern lockt nur noch die hartgesottenen Schwimmer. Oftmals Rentner, die ihr altes Bad nicht missen möchten. Längst macht die Abrissbirne solch gruseligen Gemäuern den Garaus oder es wird kräftig saniert - für viel Geld.
Kinder und Jugendliche meiden triste Schwimmstätten in ihrer
Freizeit. Allenfalls im Schulsport kommen sie noch in Kontakt mit den
Monumenten längst untergegangener Bäderkultur, in der Plantschen
verpönt und diszipliniertes Schwimmen in geordneten Bahnen angeordnet
war. Das lässt sich nachvollziehen, hat aber Schattenseiten.
Finanziell gebeutelte Städte machen aus der Not eine Tugend.
Angesichts sinkender Besucherzahlen in den - sagen wir mal
euphemistisch - "klassischen Bädern" lassen sie hier das Wasser aus
den Becken und sparen Geld. An gleicher oder anderer Stelle rücken
Bagger an, um Spaßbäder auszuschachten, die die Verluste in Grenzen
halten sollen. Denn in Erlebnisbädern kann kräftig Eintritt verlangt
werden, die Zuschüsse sinken und beschränken sich oftmals nur noch
auf den Schulsport.
Privatisiert, in städtischen Eigenbetrieben oder an private
Betreiber vermietet, halten sich moderne Wellnesstempel mal gut, mal
mehr recht als schlecht über Wasser. Das ist je nach Konzept
unterschiedlich. Was aber im Zuge dieses Geschäfts untergeht, ist der
Schwimmsport. Erstens, weil es immer weniger reine Schwimmbecken gibt
und zweitens auf Grund stark gestiegener Eintrittspreise. So zahlt
ein Schüler im noblen Oer-Erkenschwicker Maritimo 50 Prozent mehr als
im Bochumer Stadtbad. Sicherlich zu Recht erhebt die DLRG den
Zeigefinger, warnt vor einer Vernachlässigung des Schwimmvermögens in
der Bevölkerung.
Schwimmen gehört zu den Grundfähigkeiten. Entsprechend sind hier Kommunen, aber auch Schulen und Eltern in der Pflicht. Dass jetzt aber ausgerechnet ein deutsches Kreditinstitut auf die Missstände hinweist, sollte mit einem skeptischen Blick auf die wirtschaftlichen Interessen der Dresdner Bank betrachtet werden. Diese wirbt nämlich für Wasserimmobilienfonds als gute Kapitalanlage. Auch müssen Städte wie Duisburg nicht unbedingt über ein ganzes Dutzend an öffentlichen Bädern verfügen. Wenn man hier die Spreu vom Weizen trennt - und in den Weizen investiert -, kann weniger auch mehr sein.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung