Westdeutsche Zeitung: Siemens verspielt seinen Ruf
Archivmeldung vom 24.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSiemens dieser Name hatte einst in aller Welt einen guten Klang. Er stand für den Inbegriff deutscher Ingenieurtugend - für Qualität und für Seriosität. Doch der gute Ruf hat in letzter Zeit arg gelitten.
Erst sorgten die satten
Gehaltserhöhungen des Vorstandes für negative Schlagzeilen, dann ging
die gerade erst an BenQ verkaufte Handy-Sparte in die Insolvenz.
Viele ehemalige Siemens-Mitarbeiter werden dabei wohl ihre
Arbeitsplätze verlieren.
Und jetzt bricht der Korruptions-Skandal herein, dessen Ausmaß
selbst Experten überrascht hat. Siemens steht da, als sei es Hort
schmutziger Geschäfte. Es ist sicher naiv zu glauben, dass das
internationale Geschäft heute ohne Schmiergeldzahlungen auskommen
würde. Doch das Ausmaß des Skandals und vor allem der Umgang des
Konzerns mit den aufgedeckten Fakten sind nicht akzeptabel. Da weiß
der Vorstand bereits seit mehr als einem Jahr von den Ermittlungen in
der Schweiz. Doch statt die Affäre offensiv anzugehen, wurde sie
lieber totgeschwiegen. Erst, als nach der Razzia in der vergangenen
Woche die Heimlichtuerei nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte,
trat das Unternehmen halbherzig die Flucht nach vorne an.
Im Fokus steht zwar zunächst der zuletzt arg ungeschickt agierende Vorstandschef Klaus Kleinfeld. Doch in diesem Fall muss er wohl die Suppe auslöffeln, die ihm andere eingebrockt haben. Aufklärung bedarf vor allem die Rolle des Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer. Der jetzige Berater von Bundeskanzlerin Merkel hatte zu seiner Zeit als Vorstandschef eigens neue Antikorruptionsregeln bei Siemens eingeführt. Gerade in diese Zeit aber fallen die schwarzen Kassen. Selbst wenn von Pierer nicht persönlich von den Korruptionsvorgängen gewusst hat, so trägt er doch dafür die Verantwortung.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung