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Westdeutsche Zeitung: Die Sorge um Preisstabilität in Europa ist berechtigt

Archivmeldung vom 27.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Zwischen Warnung und Panikmache ist es oft ein schmaler Grat. Natürlich weisen Ökonomen namhafter Banken zu Recht auf die Gefahr hin, dass die Zeiten von Teuerungsraten um ein Prozent auch in Deutschland auf die Dauer vorbei sein könnten. Dafür sprechen schon die Preissteigerungen bei Energie und Lebensmittel. Deren Anstieg ist zwangsläufig und kaum zu beeinflussen.

Es ist schließlich schon lange kein Geheimnis mehr, dass der Welt die fossilen Brennstoffe ausgehen und Benzin sowie Heizöl deshalb zwangsläufig immer teurer werden. Es ist auch nicht neu, dass mit dem zunehmenden Wohlstand in bevölkerungsstarken Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien die Nachfrage nach Lebensmitteln und damit deren Weltmarktpreise deutlich steigen werden. Das alles muss zu höheren Inflationsraten führen.

Aber es berechtigt nicht, die Angst davor zu schüren. Prophezeiungen von dauerhaften Preissteigerungen bis zu vier Prozent werden zumindest den Jüngeren in Deutschland Schrecken einjagen. Die Älteren wissen, dass es so etwas bereits zu D-Mark-Zeiten gegeben hat. In den 1970er Jahren erreichte die Inflation gar sechs Prozent. Das war schlecht für jene, die Erspartes hatten. Es war gut für die mit Schulden.

Diese Gemengelage ist heute nicht anders. Inflation hilft Schuldnern, weil sie Verbindlichkeiten auffrisst. Das gilt auch für Staaten. Doch während der Einzelne von Geldentwertung zunächst profitieren mag, sind Staatsdefizite für die Preisstabilität im Euro-Raum eine Gefahr. Griechenland, Irland, Portugal und Spanien zum Beispiel haben in den vergangenen Jahren so hemmungslos über ihre Verhältnisse gelebt, dass sie nun auf europäische Hilfe angewiesen sind. Das führt dazu, dass die EZB ihrer eigentlichen Aufgabe kaum noch nachkommen kann, die Preisstabilität unter zwei Prozent zu halten. Sie ist vielmehr damit beschäftigt, notleidenden Staaten Anleihen abzukaufen.

All das ist misslich und unterstreicht die Forderung Deutschlands, die Pleiteländer in der EU mögen ihre Haushalte in Ordnung bringen. Denn wenn die Schulden nicht sinken und die Panikmacher Erfolg haben, werden die Bürger ihr Geld unters Kopfkissen legen, statt es auszugeben. Und dann ist es auf lange Sicht vorbei mit dem Aufschwung. Auch in Deutschland.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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