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Lausitzer Rundschau: Im Niemandsland

Archivmeldung vom 20.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Für den deutschen Außenminister Guido Westerwelle ist Kairo derzeit der sicherste Ort. In der Stadt am Nil kann er die Illusion pflegen, sein Einsatz sei noch von Bedeutung im Konzert der Nationen. Tatsächlich aber ist die deutsche Außenpolitik seit einigen Monaten in quälender Geiselhaft. Der innenpolitischen Überlebensstrategie einer nur noch beschränkt handlungsfähigen Regierung geschuldet, geht das Land genau jenen Sonderweg, vor dem jeder erfahrene Außenpolitiker warnt, und isoliert sich von seinen engsten Verbündeten.

Nachkriegsdeutschland pflegte bislang seine Politik in Abstimmung mit Paris und Washington auszurichten. In Zeiten, in denen es mit dem einen der beiden Partner Probleme gab, war wenigstens der andere ein verlässlicher Weggefährte. Dass unser Land nach der Katastrophe der nationalsozialistischen Diktatur überhaupt wieder zurückfand in die Völkergemeinschaft, verdankte es ja auch im globalen Maßstab den USA und auf europäischer Ebene Frankreich. Jetzt aber erleben wir erstmals eine Situation, in der sich die deutsche Politik abgekoppelt hat von beiden früheren Schutzmächten. Eine Situation, in der die Bundesrepublik zwar nicht allein auf weiter Flur, aber in fragwürdiger Gesellschaft agiert. Dies hat weitreichende, in Deutschland noch nicht hinreichend beachtete Konsequenzen. In Frankreich, in den USA und Großbritannien sind die Kommentare, in denen sich Enttäuschung und Verachtung spiegeln, unüberhörbar und sie kommen ganz undiplomatisch auch von offizieller Seite. Zu dem außenpolitischen Schaden gesellt sich die innenpolitische Verwirrung. Westerwelle und auch die Bundeskanzlerin haben damit spekuliert, dass ein Teil der Wählerschaft die Politik der Enthaltung mit Beifall quittiert. Es gibt in der Mitte der Gesellschaft eine verständliche Kriegsmüdigkeit, zumal nach den schmerzlichen Erfahrungen in Afghanistan. Aber es gibt auch Zeitgenossen, die die Westbindung der Bundesrepublik insgesamt ablehnen und im politischen Spektrum reicht diese Ablehnungsfront von weit rechts bis Linksaußen. In der Regel ist dergleichen verbunden mit einem tiefen Misstrauen gegen das politische System überhaupt. Davon aber kann sich diese Bundesregierung mit ihrem Schlingerkurs nicht hinreichend abgrenzen. Sie ist zunächst international und jetzt auch zu Hause in einem Niemandsland gelandet. Nicht nur ihr Außenminister und ihre Außenpolitik, die Grundausrichtung der Politik insgesamt droht eine Verlegenheitslösung ohne Substanz und Bestand zu werden.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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